Im Büro stapeln sich die Spielekartons

Foto: derStandard.at/abian Schmid, Elisabeth Mittendorfer

Spielmaterial als Prototyp (rechts) und danach umgesetzt

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Die Prototypschachtel (rechts) im Vergleich zum fertigen Produkt.

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Spielekartons stapeln sich bis unter die Decke in einem kleinen zweiräumigen Büro der Spieleideen-Agentur White Castle im Museumsquartier. "Das hier sind alle Spiele, die wir veröffentlich haben", sagt Anita Landgraf und deutet auf ein Regal, auf dem sich in Plastik eingeschweißte Spiele türmen.

Gespielt wird mit ihnen nicht mehr, denn in der Agentur ist man vor allem damit beschäftigt, neue Spielideen zu begutachten und Spielprototypen zu testen. Neben der Prüfung von Spielvorschlägen entwickelt White Castle aber auch selbst Auftragsspiele. Zwei Leute sind hier angestellt, Geschäftsführer Ronald Hofstätter und eben Landgraf, welche die Firma im Herbst übernehmen wird.

White Castle entwickeln und prüfen Spielideen

Hofstätter, der selbst Spiele entwickelt hat, habe eine Nische entdeckt, erzählt Landgraf. "Insgesamt gibt es in ganz Europa nur eine Handvoll Agenturen, die etwas Ähnliches machen wie wir", sagt sie. Konkret besteht die Geschäftstätigkeit von White Castle aus drei Bereichen: Sie entwickeln selbst Auftragsspiele für branchenfremde Firmen, die diese als Werbetool nutzen wollen.

Weiters kreieren sie Spiele für Verlage, die Lizenzen besitzen, beispielsweise neue DKT-Ausgaben oder Merchandise für Filme. Außerdem prüfen sie gegen Gebühr Spiele von Amateur-Spieleentwicklern, verbessern diese und fungieren als Agenten zwischen Autoren und Verlag.

Landgraf selbst kam über Umwege zu White Castle. Sie war Kellnerin in einem Lokal, in dem sich ein Spieleautoren-Stammtisch jede Woche getroffen hat. So habe sie Hofstätter kennengelernt und sei schlussendlich zur Firma gestoßen.

Nur die wenigsten können vom Spiele-Machen überleben

Auch heute trifft sich der Wiener Spieleautorenkreis noch jeden Montag in der Spielebox, dem größten Spielverleih Österreichs, zu einem Autorenstammtisch. Dort können sich die Autoren untereinander über Spielideen austauschen. Oft ergibt bei diesem Stammtisch auch eine Zusammenarbeit zwischen den Autoren, Landgraf und Hofstätter vertreten dort White Castle und besprechen neue Projekte mit den Entwicklern.

Was nach einem Traumjob klingt, ist für die meisten aber kein Brotberuf. "Es gibt nur wenige, die als Spieleautoren ihren Lebensunterhalt verdienen können", erklärt Anita Landgraf. Spieleautoren verdienen wie Buchautoren durch Tantiemen, also pro verkaufter Einheit.

Der typische Spieleautor lasse sich laut Landgraf nur schwer charakterisieren. "Sicher sind das zum Teil erstklassige Nerds. Aber vor allem sind das Leute, die selbst viel und gerne spielen." Der jüngste Spieleautor, der eine Spielidee bei White Castles veröffentlich hat, war elf Jahre alt.

Nazi-Monopoly und Topmodel-"DKT"

Nicht alle Einsendungen, die White Castle zur Prüfung bekommt, sind veröffentlichungswürdig. So erzählt Landgraf etwa von einem Monopolyspiel, das verdächtig an Neonazismus erinnerte. Ebenso schockierte sie ein "Topmodel"-DKT, in dem Models statt wie im Original ins Gefängnis wegen "Bulimie" in ein Krankenhaus geschickt wurden. Generell seien aber die meisten Einsendungen liebevoll gestaltet und durchaus unterstützenswert.

Trends in der Spielebranche

Der Trend in der Spielebranche gehe allgemein in Richtung sehr einfache Spiele, die in fünf Minuten erklärt sind und die intuitiv funktionieren. Außerdem schaffen Verlage oft Produktreihen von erfolgreichen Spielen, eine Entwicklung die man auch im Kino beobachten kann.

Eine der großen Herausforderungen sei es momentan, analoge und digitale Spiele zu verbinden. "Das iPad ermöglicht eine Kombination aus Computer- und Brettspiel", fügt Landgraf hinzu. Letztere werden ihrer Meinung nach nie "aussterben", da das persönliche gemeinsame Spielen nicht ersetzbar sei. Landgrafs Lieblingsspiel ist übrigens Tichu, ein asiatisch angehauchtes Kartenspiel. (Fabian Schmid, Elisabeth Mittendorfer, derStandard.at, 18.8.2011)