Robert Nissel wollte seine Hochzeit auf den Philippinen doch nicht geheim halten und präsentierte Fotos auf Facebook.
Für die Feierlichkeiten mit seiner neuen Frau Yulen wurde ein spezielles Transparent angefertigt.
Ich glaube nicht an Zufälle. Schon gar nicht bei der Programmierung von Fernsehsendern. Vergangenen Dienstag lieferten sich Elizabeth Spiras "Alltagsgeschichten" ein Match mit alten Folgen von "Das Geschäft mit der Liebe" - und weil Robert Nissel sich im Vorjahr aus der Kuppel-Soap verabschiedet hatte, lag die Frage nahe: Was tut er seither, der große Energetiker, der Frauenflüsterer, der sich - unter anderem - als legitimer Nachfolger von Jesus Christus bezeichnete?
Da es beim Publikum von Medien wie diesem bei Themen wie diesen an Stellen wie dieser zum guten Ton gehört, mit Detailwissen prahlend zu behaupten, dass man derlei Trash nicht sähe (nicht einmal vom Durchzappen), dieses Verhalten mehrheitsfähig sei und Trash-Soap-Protagonisten niemand kennt, hier ein Update:
Der 58-jährige Robert Nissel war 2010 der in Suchmaschinen meistnachgefragte Österreicher. Nissel hat Geld. Sein Vater soll jene Firma besessen haben, die lange in Wien das de-facto-Monopol auf die Installation von Kabelfernseh-Anschlüssen hatte. Andere Quellen behaupten, Nissels Familie habe mit Grundstücken im Industriegebiet südlich von Wien ein Vermögen gemacht. Robert Nissel selbst schweigt dazu - und fährt lieber mit seinem Porsche über die Ost-Grenze. Auf der Suche nach der Liebe. Tatsächlich findet er aber immer nur hübsche, von Agenturen vermittelte Ost-Mädchen, die mit ihm bald nichts mehr zu tun haben wollen.
Seltsames Selbstbild
Auf dieser Suche wurde Nissel vom Privatsender ATV begleitet. Das, aber vor allem seine von seiner tatsächlichen Erscheinung meilenweit entfernte Selbstwahrnehmung, machte aus ihm eine Kultfigur: Nissels Englisch bewegt sich auf Ernst-Strasser-Niveau. Sein Selbstbewusstsein ebenso. Auf Youtube finden sich Interviews, in denen Nissel behauptet, seine Fähigkeiten als Liebhaber würden jede normale Frau restlos überfordern - und sogar Prostituierte hätten "derlei" noch nie erlebt. Auch in der Echtwelt wurde Robert Nissel ein Begriff - und Star: Er war beliebter Juror bei Misswahlen - und beriet als "Lovecoach" im TV. Kurz: Robert Nissel war Garant für Fassungslosigkeit. Eine sichere Bank für Freunde des Fremdschämens.
Eine Frage blieb lange offen: "Meint der das - oder spielt der nur?" Doch als ich in einer Paparotti-Kolumne einmal behauptete, ich sei Robert Nissel gewesen ("Ich war Robert Nissel", 29.10.2010), antwortete Nissel geharnischt: Es könne nur einen geben, aber er werde ständig missverstanden. Ganz nebenbei kündigte er damals ("Hier spricht Robert Nissel, der echte Robert Nissel", 15.11.2010) seinen Ausstieg aus der Serie und seine baldige Hochzeit an: Wäre derlei in Wirklichkeit nicht vollkommen wurscht, hätten wir vermutlich eine Presseaussendung in die Welt geblasen: "Exklusiv! Nissel kündigt TV-Ausstieg an! Ehe ante portas!"
Dankbare Philippinas
Egal. Das übernahmen Andere - inklusive Details über die Art der Liebe, die Mr. "Power of Love" (Eigenbezeichnung) gefunden hatte: Das Seitenblicke Magazin wusste Anfang Jänner 2011 exklusiv zu vermelden, dass Nissel verlobt sei - und zwar mit einer 22-jährigen Philippina, dem Kindermädchen eines Freundes. "Philippinas sind so dankbar. Jetzt verrate ich Ihnen etwas unter der Gürtellinie: Sie hat sich für mich aufgespart", wurde Nissel zitiert. Der 57-jährige erklärte, die Familie der Frau finanziell zu unterstützen.
Im April sah sich Nissel dann dazu veranlasst, via Presseerklärung zu verlautbaren, das Gerücht, er könne als Asien-Guide wieder im Free-TV auftauchen, sei völlig aus der Luft gegriffen. Allerdings kündigte Nissel an "in einer zehnteiligen Videoserie auf vienna.at Liebstipps und Lebensweisheiten" zu verbreiten. Zweite Drohung: Er werde Lebenshilfeseminare anbieten. "Das Geschäft mit der Liebe", erklärte Robert Nissel damals dezidiert, sei für ihn vorbei.
Das Comeback
Tatsächlich tauchten im Frühjahr auf der Webplattform von Vienna.at dann drei leicht groteske "Gespräche" des Liebeshelfers mit angeblich Hilfesuchenden auf. Dann wurde es still. Bis Nissel ebendort im Juni ankündigte, ab sofort wieder vor einer "echten" TV-Kamera zu stehen: Er sei als "Berater & Coach" für seine ehemaligen Frauensuchkumpanen ab Jahresende wieder bei "Das Geschäft mit der Liebe" mit von der Partie. Die Sensationsmeldung verhallte weitestgehend ungehört.
Seit Juli laufen nun Wiederholungen. Und vergangenen Montag wollte ich wissen, was Nissel aktuell treibt. Die Google-Ergebnisse waren nicht neu. Doch auf Facebook traf mich fast der Schlag: Robert Nissel hat tatsächlich geheiratet. Just an einem Tag, an dem er im österreichischen Fernsehen die Liebe suchte: Am 8.8. - in einem Urlaubsressort auf der philippinischen Insel Cebu. Fernab der heimischen Fotografen und Kamerateams. Also tatsächlich privat.
Aber Robert Nissel wäre nicht Robert Nissel, wenn die Hochzeitsfotos nicht prompt im Netz - und zwar zeitgleich mit den alten Nissel-Folgen im TV - aufgepoppt wären. Auf einigen findet sich ein Sponsor-Link einer Plattform, die philippinische Frauen an den Mann zu bringen verspricht. Und eines ist gewiss: Das ist nicht das letzte Mal, dass Robert Nissel von sich hören lassen hat. (Thomas Rottenberg, derStandard.at, 11.8.2011)