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Feuerwehrleute bekämpfen den Brand im Lagerzentrum in Enfield.

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Der Stadtteil befindet sich nur unweit von Tottenham, wo die Randale ihren Anfang nahmen.

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Im Zusammenhang mit den seit vergangenem Samstag andauernden Ausschreitungen im Vereinigten Königreich fiel Dienstagfrüh auch ein Lagerhaus von Sony DADC den Flammen zum Opfer. Die 20.000 Quadratmeter große Lagerhalle im Nordlondoner Stadtteil Enfield wurde auch von der PIAS Entertainment Group (Play It Again, Sam) als Verteillager für Großbritannien und Irland genutzt. PIAS lieferte von diesem Standort aus physische Tonträger von rund 150 Indie-Labels aus, darunter 4AD (Bon Iver), Rough Trade (Belle & Sebastian), Sub Pop (The Postal Service) und Domino Records (Arctic Monkes, Franz Ferdinand).

Ebenfalls stark betroffen waren Filmverleihe aus dem Arthouse-Sektor, die ihre DVD-Bestände dort untergebracht hatten und nun auf den Versicherungsschutz hoffen: Das auf Editionen von Kinoklassikern spezialisierte British Film Institute (BFI) beziffert seinen Verlust mit 120.000 DVDs, der auf engagierte Dokumentationen wie "Restrepo" oder "Food Inc" spezialisierte Vertrieb Dogwoof beziffert seine Verluste mit 50.000 DVDs. Mit dem Verlust der Lagerbestände konfrontiert sind auch der Vertrieb Artificial Eye mit seinem Sortiment aktueller Arthouse-Spielfilme und Firmen wie Guerilla Films oder Peccadillo Pictures, die ihren Gesamtbestände von jeweils etwa 60.000 DVDs verloren.

Zwischen Überleben und Konkurs

Wie viele Tonträger bei dem Brand tatsächlich vernichtet wurden, konnten Unternehmenssprecher bisher noch nicht bestätigen. "Unser größter Standort in Europa ist auf unbestimmte Zeit außer Funktion", sagte Bill Armstrong, der Mitgründer der in Los Angeles beheimateten Plattenfirma SideOneDummy. Sie soll 20.000 Einheiten in der Halle gelagert haben. Schlimmer dürfte es die Labelgruppe Beggars Group getroffen haben. Martin Mills, der Geschäftsführer der Plattenfirma, sprach von rund 750.000 verlorenen Tonträgern.

Die Folgen für kleinere Labels dürften dennoch weitaus schwieriger sein, so Mills: "Wir sind ein großes Label und haben unseren Bestand auf verschiedene Orte aufgeteilt. Kleinere Labels, die ihr gesamtes Inventar hier gelagert haben, überleben aber möglicherweise nicht, bevor mögliche Versicherungsgelder ankommen und Ersatz produziert werden kann." Vor allem die Herstellung von Vinyl würde viel Zeit beanspruchen.

Gegenüber dem Guardian erklärte der Analyst Paul Scaife: "Der physische Handel ist im Indie-Sektor nach wie vor essentiell und nicht alle Labels sind versichert. Das könnte der Unterschied zwischen Überleben und Konkurs sein." Fans, die die Labels unterstützen wollen, sollen bis zur Nachproduktion auf digitale Downloads umsteigen, rät die Association of Independent Music.

Menschen wurden bei dem Brand nicht verletzt. Die Büroräume von Sony und PIAS wurden mittlerweile an einem anderen Ort in Enfield untergebracht, um Auswirkungen auf das Tagesgeschäft so gering wie möglich zu halten. (mm, hcl, derStandard.at, 10.8.2011)