ORF-General, die Zweite: Für die ORF-Kamera wiederholt Wrabetz Dienstag seinen Auftritt nach der Wiederwahl aus dem Stiftungsrat. Aug in Aug mit privater Konkurrenz.

Foto: STANDARD/Fischer

Rote Räte, Personalreserve für den ORF: Niko Pelinka, Stiftungsratschefin Brigitte Kulovits-Rupp

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„Die größte Leistung besteht darin, den Widerstand des Feindes ohne einen Kampf zu brechen." Den Spruch des Strategen Sunzi hat Alexander Wrabetz schon vor einiger Zeit an die Pinwand seines Generalsbüro geheftet. Dienstag wurde Wrabetz ohne Gegenstimmen ein zweites Mal ORF-Chef. Die Wiederwahl gelang bisher nur dem legendären Langzeitgeneral Gerd Bacher, selbst sein bester Stratege.

Die Kunst des Kriegens

Die chinesischen Zeichen an der Wand stammen aus Sunzis Kunst des Krieges. Wrabetz demonstriert die Kunst des Kriegens: Dem General seine Wiederwahl mit breiter Mehrheit. Der Politik, praktisch alle Fraktionen, ihr Personal. Und dem ORF Geld und andere Erleichterungen.

Nein, mit Politikern habe er Personalfragen vor seiner Wahl nicht abgesprochen, behauptet Alexander Wrabetz. Drei Stunden davor hatte er erklärt, die Stiftungsräte hätten ihn nicht zu seinen Telefonaten mit Niko Pelinka befragt, der die roten Räte organisiert. Dem widersprachen nicht alleine jene schwarzen Stiftungsräte, die den ORF-General im Sitzungssaal auf die Causa Pelinka angesprochen hatten.

Pelinka hatte einem Magazin erklärt, er „telefoniere häufig mit dem Alex", etwa über Gäste Im Zentrum. Ein Betriebsrat wollte im Stiftungsrat auch wissen, ob Pelinka von den ÖBB in den ORF wechsle. Wrabetz verneint wie bisher nicht, nur: Pelinka habe das ausgeschlossen.

Kärntner Deals

Umso detailreichere Personalpakete kursieren in Politik und ORF: Das BZÖ etwa findet erfreut, dass Karin Bernhard (Kärnten heute) das Landestudio führen soll und nicht Landeshauptmann Gerhard Dörflers (FPK)Wunschkandidaten, Willy Haslitzer und Programmchef Martin Weberhofer.

Die zwei blauen Stiftungsräte stimmten dennoch für Wrabetz. Sie und das BZÖ wünschten Onlinedirektor Thomas Prantner einen Führungsjob; er wird Vize des Technikdirektors. Auf den Direktor hofft Wrabetz-Wähler und Betriebsrat Michael Götzhaber (SP).

Schwarze Jobs

Sechs bürgerliche Stiftungsräte enthielten sich. Damit stimmten sieben schwarze Räte für Wrabetz - das bringt Jobs: Richard Grasl wird verlängert, seine Finanzdirektion um Produktionswirtschaft und New Business erweitert. Dazu eine Reihe von Landesdirektoren. Kolportiert werden zudem: mehr Kompetenzen für Gerhard Klein (Wissenschaft, Religion), Stefan Gehrer als stellvertretender TV-Innenpolitikchef, höhere Weihen für Lisa Totzauer (ZiB) und Betriebsrat Robert Ziegler, derzeit Vize-Chefredakteur in St. Pölten. Im Gespräch ist ein schwarzer Bundesländer-Koordinator in der Zentrale. Und Radio-Innenpolitikchef Hannes Aigelsreiter als Radio-Chefredakteur, wenn Stefan Ströbitzer Channel Manager von ORF 2 wird.

Burgenlands Rote

Ströbitzer werden gute Kontakte zu Medienstaatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) nachgesagt. Und der SPÖ, die Wrabetz' Wiederwahl gesichert hatte, einige weitere Jobs neben Radiodirektor Karl Amon und TV-Chefredakteur Fritz Dittlbacher. So wird Thomas Langpaul als TV-Innenpolitikchef genannt. Robert Wiesner könnte vom Report weggelobt werden. Report-Redakteur Alexander Sattmann kursiert in manchen Politzirkeln als möglicher Nachfolger.

Dazu kommen rote Landesdirektoren in Salzburg, Steiermark und Burgenland: Stiftungsratschefin Brigitte Kulovits-Rupp (SP) schloss Dienstag nach Wrabetz' Wahl eine Bewerbung für das Burgenland nicht aus.

Pelinka könnte dann Stiftungsratsherr werden, glauben manche. Viel heftiger wird er als Kommunikationschef des ORF gehandelt, als Quasi-Generalsekretär.

Redakteursrat und zurück

Huberta Gheneff (BZÖ) war offenbar die treibende Kraft - hinter einer Antwort auf die doch recht harsch formulierte Protestnote des ORF-Redakteursrats über Pelinka im konkreten und Unvereinbarkeiten der Stiftungsräte im Allgemeinen. Diese Antwort sollen nun laut einstimmigem Votum der Räte die Vorsitzende des Stiftungsrats, Brigitte Kulovits-Rupp (SPÖ), und ihr Vize, Franz Medwenitsch, basteln. Der Redakteursrat dürfte öffentlich antworten, hört man, und gerne auch persönlich werden, was er meinte.

Charlie geht

Der ÖVP macht Wrabetz ein Präsent noch vor der Direktorenwahl am 15. September: Mein cooler Onkel Charlie verschwindet noch im August aus dem Samstaghauptabend von ORF 1. Freilich nicht für Eigenproduktionen, sondern Kauffilme. Mehr könne sich der ORF heute (mit seiner Umsatzmilliarde) nicht leisten. 

Sparzwang ade

Die Kunst des Kriegens bedeutet eben Geben und Nehmen: Den Zwang des Gesetzes, auch die Pro-Kopf-Kosten im ORF zu senken, sieht Wrabetz schon gefallen. Er fordert, die Republik solle dem ORF die 60 Millionen Einnahmenverlust aus Gebührenbefreiungen über 2013 hinaus und voll abgelten. Mehr Werbeminuten und weniger Werberegeln. Und 2012/13 will Wrabetz, erstmals seit 2008, die Gebühren erhöhen. Die Mehrheit dafür wird weniger breit ausfallen. (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 10.8.2011)