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Jugendliche plündern einen Elektro-Shop in Clapham Junction, im Süden von London.

Foto: AP/Simon Dawson

London – Ein Jahr vor den Olympischen Spielen hat es in London in der Nacht auf Dienstag zum dritten Mal in Folge heftige Ausschreitungen gegeben. Auch in anderen Städten wie Birmingham, Bristol oder Liverpool kam es zu schweren Unruhen, sodass Premierminister David Cameron seinen Urlaub in Italien abbrach. Allein in London erfolgten in den vergangenen drei Nächten über 450 Festnahmen.

Die Regierung und die Polizei geben "Kriminellen und opportunistischen Hooligans" die Schuld an den Gewaltexzessen, Brandstiftungen und Plünderungen. Viele Bewohner der betroffenen Stadtviertel und einige Experten sehen jedoch auch die wachsende Armut und Hoffnungslosigkeit als Auslöser. Die Unruhen brachen in einer Zeit aus, in der sich die Aussichten verdüstern: Die britische Wirtschaft wächst kaum und die Regierung spart an allen Ecken und Enden, was auch zu einer Kürzung der Sozialleistungen führt. Außerdem wurden die Steuern erhöht, um das ausufernde Budgetdefizit in den Griff zu bekommen.

"Keine Arbeit, keine Zukunft"

"Wir haben keine Arbeit und wir haben kein Geld. Wir haben gehört, dass andere Leute Dinge gratis bekommen, warum also nicht auch wir?" fragte ein junger Mann mit Baseball-Mütze in Hackney, einem der am stärksten betroffenen Bezirke in London. Anthony Burns (39), ein Elektriker aus Hackney, argumentiert ähnlich: "Es ist sehr traurig anzusehen, aber die Jugendlichen haben keine Arbeit, keine Zukunft und die (finanziellen) Einschnitte haben alles nur verschlimmert ... Sie werden sehen, das war nur der Anfang". Die Jugendlichen stammten aus "einer anderen Generation als wir, es ist ihnen alles egal".

Viele Plünderer, die aus Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit kamen, sagten, sie fühlten sich als gesellschaftliche Außenseiter. "Hier geht es schlicht und einfach nicht um Rasse, Glaube oder Klasse", so Professor Mike Hardy, Direktor des "Institute of Community Cohesion" (Institut für gesellschaftlichen Zusammenhalt). Eine der wichtigsten Antriebskräfte sei die Kluft zwischen den Armen und den Reichen. "Es geht hier um jene, die sich ausgeschlossen fühlen".

Cameron unter Druck

Cameron dürfte unter Druck geraten, mehr für die armen Viertel der Hauptstadt zu unternehmen. Bisher hat er Forderungen zurückgewiesen, beim Sparen auf die Bremse zu treten und etwa Hilfe für Jugendliche auszunehmen.

Die Krawalle waren am erstmals am späten Samstagabend ausgebrochen, als ein zunächst friedlicher Protest im Stadtteil Tottenham gegen die Erschießung eines Mannes durch die Polizei in Gewalt umschlug. In Tottenham liegen Gebiete mit der höchsten Arbeitslosenrate in London. Dort gibt es schon seit längerem Spannungen. Vor allem farbige Jugendlichen beschweren sich über die Polizei, die sie immer wieder anhalte und durchsuche. (APA/Reuters)