"Financial Times Deutschland" und "FAZ" widmeten sich in ihren Montagausgaben der Generalswahl in Ösiland. etat.at bringt Auszüge.

Die FTD titelt "Österreich will deutsche Privatsender bremsen" - "Chef des Staatsrundfunks fordert mehr Gebühren und Werbung für ORF // Pro Sieben Sat 1 und RTL bangen um Wachstumsmarkt"

"Würde ein deutscher öffentlich-rechtlicher Rundfunkchef so forsch auftreten wie Alexander Wrabetz, er würde wohl vom öffentlichen Protest aus dem Funkhaus gejagt. Höhere Gebühren, fordert Wrabetz, außerdem mehr Werbung und einen permanenten Ausgleich für gebührenbefreite Haushalte aus Steuergeldern. Wrabetz, 51, kann sich das leisten. Er ist Generaldirektor bei Österreichs Staatsrundfunk ORF. Morgen wird er mit großer Wahrscheinlichkeit vom ORF-Stiftungsrat bis 2016 im Amt bestätigt. Sein Konzept für die kommenden vier Jahre hat Wrabetz schon vor der Wahl veröffentlicht - und der Titel ist klar: ,Der ORF als Leitmedium.' Für die Privatsender ein Affront, ganz besonders für die aus Deutschland.

Es hätte Auswirkungen weit über die österreichischen Grenzen hinaus, wenn Wrabetz mit seinen Plänen durchkommt. Die größten Verlierer wären die privaten deutschen Fernsehunternehmen Pro Sieben Sat 1 und RTL Deutschland. Mit ihren Free-TV-Sendern konkurrieren sie auf dem österreichischen Markt mit dem ORF direkt um Marktanteile und Werbeeinnahmen. Im Juli hatte der Kanal ORF 2 einen Marktanteil von 22,8 Prozent, gefolgt von ORF 1 mit 10,9 Prozent. Die größten Konkurrenten: Sat 1 mit sieben Prozent und RTL mit 6,1 Prozent. Die deutschen TV-Anbieter senden in Österreich ihr deutsches Programm mit österreichischer Werbung. Anders als die deutschen Öffentlich-Rechtlichen finanziert der ORF mehr als ein Drittel seines Budgets aus Werbung. Gebremst wird die Konkurrenz nur durch eine gesetzliche Beschränkung auf 42 Minuten Werbung am Tag, eine Beschränkung, die Wrabetz nun aufweichen will.

Der österreichische Markt hat große Bedeutung für die deutschen TV-Anbieter. Weil Österreich erst vor zehn Jahren als letztes europäisches Land landesweites privates Fernsehen erlaubte, gilt der dortige TV-Werbemarkt noch als unterentwickelt und eröffnet den deutschen Fernsehunternehmen Wachstumspotenziale, die auf ihrem Heimatmarkt kaum mehr denkbar sind. Im vergangenen Quartal wuchs der Umsatz auf dem österreichischen TV-Werbemarkt um 10,5 Prozent, in Deutschland trotz bester Konjunktur nur um 4,1 Prozent.

Wrabetz hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Siegeszug der Deutschen zu stoppen." (...)

"Die jahrzehntelange Monopolstellung hatte den ORF zu einer ineffizienten Behörde gemacht. Wrabetz baute 500 von 3700 Stellen ab und trimmt seitdem das Programm konsequent nach den Wünschen des Werbemarkts. Den kulturlastigen Kanal ORF 2 machte er zum Heimat- und Regionalprogramm für die Zielgruppe ab 40. Kultur soll ab Herbst vermehrt im neuen Spartenkanal ORF 3 stattfinden."

FAZ "Glauben mag ihm das niemand im Land"

Die FAZ schreibt: "Dass Alexander Wrabetz am Dienstag bei der Intendantenwahl im Österreichischen Rundfunk ORF in seinem Amt bestätigt wird, ist so gut wie sicher. Er kann auf die von der Regierungspartei SPÖ gestellte Mehrheit im Stiftungsrat zählen, dem fünfunddreißigköpfigen Gremium, das den Intendanten wählt. Jetzt macht Wrabetz allerdings eine Affäre zu schaffen, die von seiner angeblichen Willfährigkeit den österreichischen Sozialdemokraten gegenüber handelt. Politiker der ÖVP und der FPÖ sprechen von einem Skandal, Wrabetz sei untragbar.

Aufgekommen ist die Kritik nach einem Interview, das der SPÖ-Politiker Nikolaus Pelinka der Internetzeitschrift "Fleisch" gab. Pelinka ist ein Strippenzieher der SPÖ im ORF-Stiftungsrat, einige rechnen damit, dass er irgendwan bei dem Sender landet. Pelinkas Vater wiederum ist Chefredakteur der Zeitschrift "News" und moderiert die ORF-Diskussionssendung "Im Zentrum". Und über diese beziehungsweise die Gäste, die dorthin einzuladen seien, sollen sich Wrabetz und Pelinka junior verständigt haben. Was, wie es zunächst in dem Interview hieß, häufiger vorkomme - der Intendant am Gängelband des Parteimannes, so der Eindruck. Der wiederum bestritt die Äußerungen, sie wurden in einer zweiten Gesprächsversion gestrichen, der Fehler soll bei der Redaktion liegen. Doch der Anschein intimer Nähe zwischen Politik und Rundfunk reicht aus, um für Wirbel zu sorgen. Wrabetz hatte diese Nähe im Gespräch mit dieser Zeitung zwar bestritten, richtig glauben mag ihm dies aber wohl niemand im Land." (fid)