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Dem Druck der Märkte und von der EU konnte Silvio Berlusconi nicht mehr standhalten. Er ging in sich und beschloss eine Änderung seiner bisherigen Strategie.

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Überraschend hat Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi am Wochenende eine Vorverlegung der angekündigten Budgetkonsolidierung sowie Reformen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit angekündigt. EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte am Freitag erklärt, dass Italien und Spanien keine Hilfe des Euro-Rettungsfonds benötigten.

Italien war Ende der Vorwoche stark unter Druck der Finanzmärkte geraten. Die deutsche Bundesregierung lehnt es nach einem Bericht des deutschen Wochenmagazins Spiegel jedoch ab, Italien mit Mitteln aus dem europäischen Euro-Rettungsschirm zu schützen. Der Finanzbedarf Roms sei derart hoch, dass Deutschland überfordert sei und selbst eine Verdreifachung des Fonds nicht ausreiche, um die Garantie der italienischen Staatsschulden von 1,8 Billionen Euro zu übernehmen. "Die Rechnung ist einfach. Eine Zinserhöhung von nur einem Punkt bedeutet für Rom Mehrkosten von 18 Milliarden Euro im Jahr. Das ist das Ausmaß eines Nachtragshaushalts, dessen Wirkung sofort verbrannt werden würde", verwies der Mailänder Wirtschaftsberater Sigfried Mayr auf die Gefahr einer anhaltenden Zinserhöhung hin.

EZB überlegt Bond-Kauf

Während die Regierung in Berlin der Ansicht zu sein scheint, Italien müsse durch Einsparungen und Reformen die Finanzkrise selbst lösen, ist man in der Europäischen Zentralbank (EZB) noch nicht einig, ob die Bank italienische Staatsanleihen ankaufen solle oder nicht. Allerdings seien selbst diejenigen, die dafür plädieren, der Ansicht, dass Italien seine Sparpläne weiter verbessern müsse. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet soll die Ratsmitglieder der Bank mit dieser Frage befasst haben.

An der Mailänder Börse erreichte der Spread zwischen italienischen Staatsanleihen und deutschen Bundesanleihen im Verlauf am Freitag einen Rekordwert von 414 Basispunkten. Für Investoren galten demnach erstmals seit langer Zeit spanische Anleihen im Vergleich zu italienischen Bonds als weniger riskant.

Vorausgegangen war dieser Entwicklung eine Hochschaubahnfahrt an den Märkten wegen der Angst vor einer weltweiten Rezession und einer Ausweitung der Schuldenkrise. Schlechte Daten zur Industrieproduktion in Deutschland und Italien nährten die Furcht vor einer Abkühlung der europäischen Wirtschaft. Die von Istat bekanntgegebenen Wachstumsdaten für das zweite Quartal lagen mit 0,7 Prozent im Jahresvergleich unter den Erwartungen. Für das dritte Quartal wird in Italien ein Nullwachstum erwartet.

Nach mehrtägigem Zögern hat die Regierung in Rom die SOS- Rufe der EU, der Deutschen und der EZB zur Kenntnis genommen. Angesichts dessen hat Berlusconi noch am Freitagabend einem beschleunigten Konsolidierungsprogramm, weiteren Liberalisierungen und Arbeitsmarktreformen zugestimmt. Das Anfang Juli präsentierte Sparprogramm soll vorgezogen, der Haushaltsausgleich bereits 2013 (ein Jahr früher als geplant) erreicht, und die Sozialreformen sollen beschleunigt werden. Zudem soll das Ziel eines ausgeglichenen Budgets in die Verfassung aufgenommen werden. Der Beschluss darüber soll noch heuer fallen. Die Pläne seien mit den EU-Staatschefs sowie US-Finanzminister Timothy Geithner abgesprochen worden, teilte Berlusconi mit. Man habe sich dabei auf ein G-7-Finanzministertreffen in den nächsten Tagen geeinigt, eine Telefonkonferenz wurde noch für Sonntagabend abgekündigt. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD; Printausgabe, 8.8.2011)