Die Aussage von Wohnbauforscher Wolfgang Amann gegenüber derStandard.at, wonach die "Leistbarkeit" in den letzten 15-20 Jahren zugenommen habe, also die Wohnungen immer größer wurden und man "heute für das gleiche Geld mehr Wohnraum" bekomme, haben im Forum für erhebliche Irritation gesorgt. Sie lassen sich aber statistisch .- bundesweit betrachtet - belegen:

Wie aus dem im vergangenen Herbst präsentierten "Österreichischen Wohnhandbuch 2010" hervorgeht, machen die Ausgaben für Wohnen derzeit 22,4 Prozent der Konsumausgaben eines privaten Haushalts aus. Anfang der 1990er-Jahre waren es erst 17 Prozent, allerdings sind seitdem auch die Wohnflächen pro Person stark gestiegen - und zwar, je nach Quelle, um 30 bis annähernd 50 Prozent.

Laut "Wohnhandbuch" lag nämlich vor 40 Jahren, im Jahr 1971, die durchschnittliche Wohnfläche pro Haushalt (Hauptwohnsitze) noch bei 66 Quadratmetern, und in dieser statistischen Durchschnittswohnung lebten genau drei Menschen - macht 22 m² pro Person. Bis 1991 legte die durchschnittliche Wohnfläche pro Haushalt auf 85 Quadratmeter zu, gleichzeitig sank die Belagsdichte auf 2,5 Personen pro Wohnung; damit stieg der durchschnittliche Wohnraum pro Person bereits stark auf 34 m² an.

Diese Belagsdichte hat sich bis heute nochmals stark gelockert. Die Anzahl der kinderlosen Ehepaare bzw. der Lebensgemeinschaften ohne Kinder sowie der Alleinerzieher und nicht zuletzt der Singlewohnungen steigt weiterhin an, während etwa die durchschnittliche Kinderzahl pro Familie von 1,36 im Jahr 1971 auf mittlerweile nur noch 1,03 im Jahr 2001 gesunken ist. 2008 war der Durchschnittshaushalt in Österreich schon 98 m² groß, wurde aber nur noch von 2,3 Personen bewohnt - ein weiterer Anstieg der Wohnfläche pro Person auf über 42 Quadratmeter, also beinahe eine Verdoppelung seit 1971.

Etwas weniger dramatisch, aber immer noch enorm ist die Steigerung, wenn man sich die kürzlich von der RWA präsentierte Umfrage ansieht, die von marketagent.com durchgeführt wurde. Mehr als 1.500 Österreicherinnen und Österreicher wurden dafür unter anderem zu ihrer jeweiligen Wohnsituation befragt, woraus sich eine durchschnittliche (Mittelwert) Wohnfläche pro Person von 45,6 Quadratmeter ergab (siehe dazu auch Artikel). Der aussagekräftigere Medianwert, der Abweichungen nach oben glattbügelt, kam allerdings "nur" auf 37,5 Quadratmeter. Das heißt: Die Hälfte der Österreicher hat weniger, die andere Hälfte hat mehr als 37,5 Quadratmeter an Wohnraum zur Verfügung. Verglichen mit dem Durchschnittswert für 1971 aus dem "Wohnhandbuch" wäre das immer noch eine beträchtliche Steigerung von fast 60 Prozent.

Nicht verschwiegen werden darf hier freilich, dass es erkleckliche Unterschiede zwischen den einzelnen Altersgruppen der Umfrage gab. Die errechnete Wohnfläche pro Person von 33,3 m² (Medianwert) in der Altersgruppe zwischen 20 und 29 Jahren sank in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen (Auszug aus dem Elternhaus, Familiengründung etc.) zunächst leicht auf 32 m² ab, um dann aber wieder stetig zuzulegen: Von 35 m² (40-49 Jahre) über 45,8 m² (50-59) bis hin zu 53,7 m², die eine Person im Alter zwischen 60 und 69 Jahren zur Verfügung hat.

Man könnte es so betrachtet also auch einen großen Widerspruch zum eigentlichen Bedarf an Wohnraum nennen, der sich im Alter auftut - auch wenn der "Bedarf" an Wohnraum eine kaum fassbare Größe darstellt. Relativ zur Gesamtmenge betrachtet besteht dieser Widerspruch aber sehr wohl; der Nachwuchs der Altersgruppe 60+ ist im Regelfall schon längst aus dem Haus, der Wohnraum verringert sich aber nicht mehr.

Selbstverständlich gibt es aber auch erhebliche Unterschiede zwischen Stadt und Land: Während die durchschnittliche Haushaltsfläche in der Großstadt (Mittelwerte) bei 87 m² und in der Kleinstadt bei 109,7 m² liegt, wohnt man im städtischen Einzugsgebiet auf 126,7 m², im ländlichen Bereich auf 137,6 m².  (Martin Putschögl, derStandard.at, 4.8.2011)