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Nicht immer ist Freiwilligkeit alles - manchmal wird der Weg ganz genau vorgegeben.

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Wien - Als im Juli hektisch das zweite Rettungspaket für Griechenland geschnürt wurde, scheiterte der griechische Budgetplan an einer einfachen Frage: Wer soll denn das bezahlen? Für den griechischen Finanzminister hieß das: Wer soll die Staatsanleihen kaufen?

Bis zu diesem Zeitpunkt hatten Internationaler Währungsfonds, Europäische Zentralbank und die europäische Spitzenpolitik noch gehofft, dass das Land 2012 an die Finanzmärkte zurückkehren kann, um sich frisches Geld aufzunehmen. Doch dieser Wunsch wurde von der Realität eingeholt. Versicherungen und Banken in ganz Europa hatten die Anleihen abgestoßen, zuletzt ließen das die Erste Group und die Deutsche Bank bei ihren Quartalszahlen durchblicken.

Tatsächlich sind Finanzminister in Europa und den USA damit beschäftigt, bei Investoren wie Fondsmanagern um das Vertrauen (und das Kapital) zu buhlen, damit auch weiter die Bonds gezeichnet werden. Dabei betonte Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel immer wieder, was ihr so wichtig ist: die Freiwilligkeit. Nur wenn Banken und Versicherungen bereit seien, Athen freiwillig einen Abschlag auf die Schulden zu gewähren, könnte man verhindern, dass Kreditderivate schlagend werden.

Doch Axel Weber, der ehemalige Chef der deutschen Bundesbank, hat in einem Interview mit dem Wall Street Journal ein altes Instrument zur staatlichen Entschuldung ins Spiel gebracht. "Wenn freiwillige Beteiligungen nicht genug Geld bringen, dann bleibt nur noch ein Instrument und das ist die finanzielle Repression. Nehmen Sie etwa das Beispiel in Deutschland - die Zwangsanleihe."

Die Zwangsanleihe

Die deutsche Zwangsanleihe war ein Instrument, um in den 1920er-Jahren die Reparationszahlung zu leisten. Da die Deutschen wegen der Hyperinflation nicht an den Kapitalmarkt konnten, wurden alle Bürger mit mehr als 100.000 Mark Sparvermögen zum Kauf eines Schuldscheins gezwungen. Vor dem 19. Jahrhundert war die Zwangsanleihe in England und Frankreich gebräuchlich. Venedig finanzierte sich damit ab 1207.

Im Dezember 2008 hat der SPD-Spitzenkandidat in Hessen, Thorsten Schäfer-Gümbel, die Zwangsanleihe wieder aufs Tapet gebracht. Wohlhabende mit einem Geld- und Immobilienvermögen von mehr als 750.000 Euro sollten dazu verpflichtet werden, zwei Prozent ihres Vermögens in eine Zwangsanleihe zu investieren, mit 2,5 Prozent Zinsen. Auch die IG Metall forderte nach dem Ausbruch der Finanzkrise so einen Bond.

Der offene Zwang war aber nicht die Antwort auf die Krise. Tatsächlich musste SPD-Politiker Schäfer-Gümbel seine Forderung zurückziehen. In Griechenland, das selbst in den 1920er-Jahren Erfahrung mit einem solchen Instrument gesammelt hat, wurde ebenso keine Zwangsanleihe eingeführt. Hingegen ist die Rettung Irlands im November ähnlich konstruiert. Denn 12,5 Milliarden Euro des Rettungspakets werden aus dem Pensionsfonds NPFR finanziert. Damit wurden die Iren gezwungen, sich an der Rettung mit ihren privaten Geldern zu beteiligen.

Tatsächlich sehen die Zwänge heute anders aus. Banken und Versicherungen werden durch Regelwerke wie Basel III und Solvency II dazu angehalten, Staatsanleihen zu kaufen. Denn sie müssen weniger Eigenkapital hinterlegen, wenn sie in Staats-Bonds investieren - kein Zwang, aber ein mächtiger Anreiz. (Lukas Sustala, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 2.8.2011)