Salzburg - Statt zu dieser Jahreszeit wie so oft in Bayreuth zwecks Wagner-Interpretation zu sein, weilt Dirigent Christian Thielemann nun also in Salzburg, um bei den Salzburger Festspielen erstmals Oper zu dirigieren. Mit der "Frau ohne Schatten" von Richard Strauss im Großen Festspielhaus ist er damit dennoch im Zentrum seiner musikalischen Interessen und Kenntnisse.

Er ist dieser Großoper schon mehrfach begegnet, und Thielemann erarbeitet diese seine Herzensangelegenheit mit den ihm zugetanen Philharmonikern. Man hört auch die sich daraus ergebenden Qualitäten: der deutsche Dirigent legt die farbenreich Partitur fulminant in all ihren schwärmerischen und dramatischen Schattierungen offen, bietet dem Orchester die Möglichkeit, seine vielfältigen Fähigkeiten einzubringen.

Der Salzburg-erfahrene Regisseur Christof Loy hat es den Sängern gar nicht schwer gemacht. Er versetzt sie quasi in die Wiener Sofiensäle, wo in den ökonomisch heiklen 1950er Jahren an einer Plattenaufnahme gearbeitet wird. Das spielt sich ein Kammerspiel der Beziehungs- und Identitätskrisen ab, und zweifellos bietet die scheinbar konzertante Situation gute Kontaktmöglichkeiten zur instrumentalen Abteilung, auch, wenn die Personen der Oper sehr genau gezeichnet sind.

Unter dem Sängern überzeugen Stephen Gould (als Kaiser), Anna Schwanewilms (als Kaiserin), Michaela Schuster (als prägnante Amme), Wolfgang Koch (als Barak) und vor allem die fulminanze Evelyn Herlitzius (seine Frau).

Das war tatsächlich eine interessante Version, der man Konsequenz und Präzision nicht absprechen kann. Es gab in Summe erschöpfte Begeisterung für fast alle. Nur Loy wurde ebenso heftig ausgebuht wie beklatscht. Es hätte für ihn also schlimmer kommen können. (Ljubiša Tošic/DER STANDARD, 30.7.2011)