Das Festmahl aus einem normalen Apfel und einem Bratapfel war  unspektakulärer als erwartet.

Foto: derStandard.at/Martin Obermayr

Jetzt hat sich also der Kreis geschlossen. Die erste feste Mahlzeit liegt nach knapp fünf Tagen im Magen, aber irgendwie war das Festmahl aus einem normalen Apfel und einem Bratapfel viel unspektakulärer als erwartet: viel gekaut, viel geschmeckt, aber viel mehr war es nicht. 

Wie so oft in einem Zyklus waren nicht der Anfangs- und der Endpunkt des Kreises die wichtigsten, sondern die vielen kleinen dazwischen. Außerdem ist ja nie etwas vollkommen abgeschlossen, sondern immer alles im Fluss, wie wir wissen. Dass ich wieder etwas gegessen habe, bedeutet nicht, dass damit die Erlebnisse dieser Fastenwoche völlig aus meinem Bewusstsein verschwunden sind.

"In the Name of Love"

Darum soll der Rückblick auf die vergangene Woche auch dort beginnen, wo meine maßlose Enthemmung bislang zum letzten Mal ihren Niederschlag fand: beim Sommerfest von derStandard.at. Dass ich dort noch einmal über die Stränge geschlagen habe, dürfte mittlerweile amtsbekannt sein. Viel prägnanter in meiner Erinnerung ist heute aber jenes Lied, bei dem ich auf dem Fest schließlich begonnen habe, laut, falsch und mit Begeisterung mitzugrölen: "In the Name of Love" von U2 in der Live-Version. 

Am Anfang des Songs habe ich noch gemeinsam mit einer Kollegin und einem Kollegen von der Front-End-Abteilung darüber gescherzt, dass die violette Wiener U-Bahn eh ganz akzeptable Musik mache. Aber irgendwann ist dann der Funke übergesprungen und ich röhrte aus voller Brust "Oh-oho-ho, oh-oho-ho, oh-oho-ho, oh-oho-ho" usw.

Am Weg zur Stille

Was das mit dem Fasten zu tun hat? Heute um sieben Uhr früh bin ich - im Vergleich zu den vergangenen Tagen - extrem lebendig auf eine Spazierrunde durch den Wald unter dem Kloster Pernegg aufgebrochen. Es war fast beängstigend, wie viel Energie mir zur Verfügung stand und nach einigen 100 Metern schoss mir der U2-Song ein: Zuerst pfiff ich die Passage nur, summte sie dann aber leise und immer lauter vor mich hin. Grölen traute ich mich nicht, schließlich heißt die Runde im Wald "Weg zur Stille" und ich muss ja nicht immer gleich schreien, wenn's mir gut geht. 

Selbst wenn dies der einzige Effekt aus dieser Fastenwoche bliebe, wäre ich damit zufrieden, aber dem ist nicht so: Ich habe ein gutes Dutzend sympathischer Leute kennengelernt, jede Menge über mich, meine ritualisierten Verhaltensweisen, meine Ernährung und vieles andere mehr erfahren. Und ich habe etwa auch gelernt, wie man sich einen Einlauf setzt und ganz natürlich damit umgeht, wenn man den tieferen Sinn dahinter versteht - die etwas Verklemmteren dürfen jetzt aufgrund der Doppeldeutigkeit ruhig ein wenig lachen, das habe ich am Anfang auch gemacht. 

PS: Zu Beginn nächster Woche gibt es noch ein Update darüber, wie sich die Rückkehr in das "normale" Alltagsleben anfühlt und ob ich den Zigaretten immer noch wiederstehen kann. Bis dahin: "Oh-oho-ho, oh-oho-ho, oh-oho-ho, oh-oho-ho." (Martin Obermayr, derStandard.at, 29.7.2011)