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Expertin Diendorfer: "Der Wert der Demokratie muss aufgezeigt werden."

AP Photo/Winfried Rothermel

Beim Schussattentat in Oslo sind viele Jugendliche ums Leben gekommen. Die Bestürzung in aller Welt ist groß. Wie sollen Lehrer an österreichischen Schulen mit der Debatte umgehen? Sollen die Geschehnisse von Norwegen in den "Politische Bildung"-Unterricht einfließen? Ja, findet Gunther Trübswasser. Er ist Vorsitzender des Vereins SOS-Menschrechte in Oberösterreich und sagt im Gespräch mit derStandard.at: "Rassisten werden nicht geboren, sondern erzogen". Umso wichtiger sei es, im Unterricht oder auch in Workshops vor Rechtsextremismus und Rassismus zu warnen.

SOS-Menschenrechte hat vor 15 Monaten das Programm "STAND UP" gestartet. In Workshops lernen Schüler über Antirassismus und Zivilcourage. "Man muss in der Schule ansetzen", ist Trübswasser überzeugt. Diskriminierungen würden oft schon als Meinungen abgetan, die Menschen seien sich nicht bewusst, dass es sich oft aber um Tatbestände handle.

Er ist auch der Meinung, dass der "Politische Bildung"-Unterricht in den Schulen ausgeweitet werden soll. Die Lehrer würden auch danach streben, besser ausgebildet zu werden. An der Johannes-Kepler-Uni in Linz wird ein entsprechendes Master-Studium für Pädagogen angeboten und von Interessenten überrannt, so Trübswasser.

Horizont erweitern

Bei den Schülern gehe es in erster Linie darum, ihren Horizont zu erweitern, sie "zum kritischen Denken zu erziehen" und sie zu wappnen, nicht alles zu glauben, was sie hören oder lesen, sagt Trübswasser.

Gertraud Diendorfer vom Demokratiezentrum Wien sagt im Gespräch mit derStandard.at auf die Frage, ob man den Anschlag in Oslo in der Schule thematisieren soll: "Die Lehrer sollen darauf eingehen, wenn die Schüler darüber reden wollen." Sie ist der Meinung, bei Politischer Bildung gehe es nicht darum, ad hoc, nur auf Anlassfälle zu reagieren, sondern Jugendliche vorbeugend gegen extreme Fälle zu wappnen.

Mehr Politische Bildung

Und hier sieht Diendorfer noch Aufholbedarf. Man müsse die Politische Bildung in der Gesellschaft noch stärker verankern. "Demokratiebildung ist so wichtig wie Lesen und Schreiben lernen", sagt sie. Es brauche mehr Lehrer-Fortbildung in diesem Gebiet, mehr Materialien, die man Lehrern und Schülern zur Verfügung stellen soll. Außerdem plädiert sie dafür, nicht nur in der Schule anzusetzen, sondern generell in der Gesellschaft.

"Wir gehen davon aus, dass Demokratie selbstverständlich ist", dabei vergesse man aber, welche Verantwortung jeder einzelne habe, dass jeder einzelne Verantwortung für Demokratie trägt. "Der Wert der Demokratie muss aufgezeigt werden."

"Plädoyer für mehr Demokratie"

Diendorfer fordert: "Junge Menschen sollen in Hinblick auf demokratisches Handeln befähigt sein, sich selbst ein Urteil bilden zu können". Etwa, ob auf Menschenrechte Rücksicht genommen wird, ob Solidarität herrscht. Diendorfer spricht in diesem Zusammenhang von einem "Plädoyer für mehr Demokratie", das von Nöten sei. (rwh, derStandard.at, 28.7.2011)