Düsseldorf/Berlin/Stuttgart - Nach dem Doppelanschlag in Norwegen hat der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) vor gewaltbereiten Rechtsextremen in Deutschland gewarnt. Sorgen machten ihm besonders die "Nationalen Autonomen", die sich nach dem Beispiel der Linksautonomen formierten, sagte Friedrich der "Rheinischen Post" vom Mittwoch. Die Sicherheitsbehörden beobachteten die rechtsextreme Szene "intensiv".

Die Attentate im Osloer Regierungsviertel und auf der Insel Utöya, bei denen mindestens 76 Menschen starben, hatten die Sicherheitsdebatte in Deutschland neu entfacht. Neben Forderungen nach einer strengeren Kontrolle des Internets und Wiedereinführung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung verlangte vor allem die Opposition eine schärfere Beobachtung der rechten Szene. Der mutmaßliche Attentäter Anders Behring Breivik hatte seine von rechtem Gedankengut und Rassenhass geprägte Ideologie vor dem Anschlag im Internet dargestellt.

Friedrich sagte der "Rheinischen Post", zwar nehme die Zahl der Mitglieder rechtsextremer Gruppierungen in Deutschland ab, dafür steige aber die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten. Die als gewaltbereit eingestufte Gruppe der "Nationalen Autonomen" hat laut aktuellem Bericht des Bundesverfassungsschutzes etwa tausend Mitglieder. Friedrich betonte, eine rechtsextremistisch motivierte Tat in Deutschland nach dem Osloer Muster lasse sich trotz intensiver Beobachtung nie ausschließen. Das Problem seien nicht die, "die wir im Auge haben, sondern eher die, die sich im Verborgenen radikalisieren".

"Schon seit längerem" im Blick

Ein Sprecher des Innenministeriums hob vor Journalisten in Berlin hervor, die Warnung des Ministers sei nicht als Reaktion auf die Ereignisse in Norwegen zu verstehen. Das Problem der gewaltbereiten Rechtsextremisten hätten die Sicherheitsbehörden "schon seit längerem" im Blick, die Verdächtigen stünden unter "fortlaufender Beobachtung".

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) forderte indes einen Alarmknopf für das Internet, mit dem Nutzer extremistische Inhalte unmittelbar melden können. Wer im Internet rechtsradikale Inhalte, islamistisches Gedankengut oder Hinweise auf einen Amoklauf entdecke, müsse die Seite einfrieren und an eine Alarmzentrale weiterleiten können, sagte BDK-Chef Klaus Jansen der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Der kurze Draht zur Notrufzentrale lasse sich ohne viel Aufwand mit einer datenschutzrechtlich geprüften Software auf dem eigenen Rechner installieren, sagte Jansen. Entsprechende Pläne habe sein Verband bereits an die EU-Kommission weitergeleitet.

Bei einer Razzia gegen mutmaßliche Rechtsextremisten sind am Mittwoch im deutschen Bundesland Baden-Württemberg 21 Wohnungen und Gärten durchsucht worden. Im Visier der Ermittler waren 18 Beschuldigte im Alter von 17 bis 49 Jahren. Sie sollen die Gruppe "Standarte Württemberg" gegründet haben. Ihr Ziel: Ausländer mit allen Mitteln aus Deutschland zu vertreiben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Stuttgart besteht der Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie des Verstoßes gegen das Waffen- und das Kriegswaffenkontrollgesetz.

Die Razzia stand den Angaben zufolge nicht im Zusammenhang mit den Attentaten von Oslo. An der Aktion waren 140 Einsatzkräfte des LKA und der Polizei beteiligt. (APA)