Küssel (4. v. l., mit Sonnenbrille) 2006 bei der Braunauer Palm-Gedenkfeier mit B. (5. v. r.) und FP-Mandatar Podgorschek (4. v. r.).

Foto: Standard/Leitner

Bislang war einzig das Wort die Waffe", drohten die Betreiber der österreichischen Neonazi-Homepage Alpen-Donau.net (vormals unter Alpen-Donau.info abrufbar), vor drei Monaten, man sei aber auch "gut gerüstet und zum Gegenschlag bereit. Jederzeit und mit allen Mitteln, auf jeder Ebene, an jedem Ort".

Die rechtsextreme Gedankenwelt des geständigen Attentäters von Oslo erinnert viele an die Neonazi-Homepage, um die es in den letzten Wochen ruhig geworden ist. Wie der Standard berichtete, wurde die Seite nur kurz abgeschaltet, nachdem der bekannte Neonazi Gottfried Küssel und zwei seiner Mitstreiter, der Burgenländer A., der lange in der rechten Szene in Schweden unterwegs war, und der Wiener B. verhaftet worden waren. Danach dürfte die Seite von der Steiermark und von Deutschland aus "befüllt" worden sein. Doch oft trauen sich die Autoren nicht mehr ins Netz. Der letzte Eintrag ist vom 30. Juni. Alles andere aber, also "Weltanschauung" samt Bekenntnis zum Christentum und Beschimpfungen und Drohungen gegen Ausländer, Muslime, Juden, Feministinnen, Marxisten - oft namentlich mit Foto und Adresse - steht weiter im Netz.

Dass sich Rechtsextreme wie der mutmaßliche Täter in Norwegen, hauptsächlich im Internet Plattformen suchen, ist nicht neu. "Das Internet ist das wichtigste Kommunikationsmittel sowohl für die Rechten als auch für religiöse Fanatiker" , sagt der Sekten- und Extremismusexperte des Landes Steiermark, Roman Schweidlenka. "Hier können sie sich verstecken und trotzdem Botschaften absetzen". Harmlos sei das auch im Bezug auf die Alpen-Donau-Seite keineswegs, so Schweidlenka: "Von dieser Atmosphäre des Hasses und der Hetze ist es nur ein kleiner Schritt zur Umsetzung in die Realität. Das wird oft unterschätzt."

Idente Lageberichte

Als der Chef des österreichischen Verfassungsschutzes Peter Gridling zuletzt meinte, in Österreich bestehe "keine akute Gefahr durch Rechtsextremismus" erinnerte das den Grünen-Parlamentarier Karl Öllinger, der ebenfalls seit Jahren die rechte Szene dokumentiert, an Norwegen. "Dort hat der Verfassungsschutz idente Lageberichte abgegeben", so Öllinger im Standard-Gespräch. Nicht nur das "hoch aufgeladene, aggressive Potential" jener, die Alpen-Donau betreiben, werde unterschätzt. Öllinger fallen auch einzelne Blogger aus der österreichischen und deutschen Szene ein, "deren Profil dem des Attentäters ähnelt". Öllinger spricht von Alpen-Donau als einer der Hauptgruppen im Netz, daneben gebe es viele kleine, die nur Monate bestehen, um Veranstaltungen vorzubereiten. Auch auf Facebook.

Auf seiner Facebook-Seite sorgt auch wieder FP-Nationalratsabgeordneter Werner Königshofer, der wegen angeblicher E-Mails an Alpen-Donau.net unter Verdacht geriet, für Aufregung (derStandard.at berichtete). Er stellte die Morde in Norwegen als Reaktion gegen die "islamistischen Gefahr" dar. Als auch Freunde auf seiner Homepage durch radikale Postings auffielen, forderte FP-Parteiobmann-Stellvertreter Norbert Hofer den Parteikollegen zur Mäßigung auf.

Eine ideologische "Integrationsfigur" zwischen Anti-Islam-Bewegungen in Deutschland und der FPÖ, die der Attentäter in Oslo zitierte, könnte auch Elisabeth Sabatisch-Wolff sein, die FPÖ-Chef H.-C. Strache nach Israel begleitete. Mit Elmar Podgorschek kam übrigens im Herbst 2010 ein FP-Abgeordneter ins Parlament, der wie sein Vorgänger Lutz Weinzinger mit Küssel an einer Veranstaltung in Braunau teilnahm. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD; Printausgabe, 27.7.2011)