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Ein Gaddafi-Porträt wurde zerstört.

Foto: EPA/VASSIL DONEV

So, zehn Uhr längst vorbei und der Konsul sitzt nicht im Flugzeug, kein Gedanke: Ibrahim al-Furis harrt in der libyschen Vertretung in Sofia mit seinen Getreuen aus. Von einer „persona non grata“ am Montag ist der Konsul jetzt zum „Illegalen“ geworden. Das 24-Stunden-Ultimatum des bulgarischen Außenminister lief am Vormittag ab. Weil eine Botschaft aber eine Botschaft ist, kann die bulgarische Polizei nicht einfach auf das Gelände am Andrej-Sacharov-Boulevard stürmen und den Konsul mitnehmen. An die Tür könnte sie natürlich klopfen und Herrn al-Furis fragen, ob er einen Nachteil darin sähe, wenn er mit den Kollegen kurz einmal mit auf die Wache...

Sofia hat also jetzt wider Willen eine diplomatische Vertretung der Bengasi-Rebellen. Der Nationale Übergangsrat dort hat erklärt, dass Konsul al-Furis - ein Gaddafi-Mann bis zu seinem plötzlichen Sinneswandel am Montag - nicht zu ihnen gehöre; man möge ihn getrost ausweisen. Das bulgarische Außenministerium, das - milde ausgedrückt - schon einige Scherereien mit Libyen in der Vergangenheit hatte, entschied sich deshalb, nichts zu entscheiden, und die Beziehungen zur Botschaft so lange auszusetzen, bis klar ist, wer dort nun diplomatisch vertreten wird.

Das Durcheinander in Sofia lenkt allerdings den Blick auf den Umgang der EU-Staaten und der USA mit dem Nationalen Übergangsrat in Bengasi. Bei ihrem jüngsten Treffen in Istanbul hat die Libyen-Kontaktgruppe die "Anerkennung" der Rebellen beschlossen, was ihnen dem Wunsch der Gruppe gemäß Zugang zu den im Ausland eingefrorenen Konten des Gaddafi-Regimes verschaffen sollte. Der italienische und der französische Außenminister zum Beispiel haben das so in Istanbul am 15. Juli verkündet und auch gemeint. Tatsächlich aber ist die gemeinsame Erklärung vage. Punkt 4 des Textes beschreibt die derzeitige Haltung der Kontaktgruppe gegenüber Gaddafi und den Rebellen, der Begriff "Anerkennung" fällt nicht. Statt "to recognize" steht "to deal with":

"The Contact Group reaffirmed that the Qaddafi regime no longer has any legitimate authority in Libya and that Qaddafi and certain members of his family must go. Henceforth and until an interim authority is in place, participants agreed to deal with the National Transitional Council (NTC) as the legitimate governing authority in Libya. The Group welcomed the role of the NTC in leading the transition process in Libya and expressed support for its efforts to broaden its popular base to embrace all Libyan people..."

Den Rebellen-Rat "annehmen", mit ihm "umgehen", als legitime Regierung "behandeln" lässt den Staaten der Kontaktgruppe gewissen Spielraum. Bulgariens Außenminister Nikolai Mladenov hat bei seinem Besuch in Bengasi den NTC als "eine" legitime Regierung bezeichnet. Will heißen: Tripolis gibt es auch noch in der einen oder anderen Form. Frankreich wiederum, das beim Libyen-Krieg ganz vorn dabei sein will, redet von der "Anerkennung" des Übergangsrats, spricht aber gleichzeitig mit dem Gaddafi-Regime.

Konsul al-Furis in Sofia wäre wahrscheinlich alles recht. Der Cousin des libyschen Geheimdienstchefs Abdullah Senussi will nicht zurück nach Tripolis. Vergangenen Samstag hat die Nato dort wieder eine Kommandozentrale bombardiert. Der libysche Premier Al-Baghdadi Ali al-Mahmudi soll dabei verletzt worden sein, Senussi kam unbeschadet davon.