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Österreich will nach den Anschlägen in Norwegen das Anti-Terrorpaket verschärfen.

Foto: Hans Punz/dapd

Wien - Die österreichische Bundesregierung setzt nach den Anschlägen in Norwegen auf eine Verschärfung der Anti-Terrorgesetze. Die Koalition hat sich geschlossen für Maßnahmen ausgesprochen, eine Konkretisierung blieb jedoch noch aus.

Mikl-Leitner: "Keine Bedrohung durch 'Manifest'"

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sieht in dem "Manifest" des mutmaßlichen Oslo-Attentäters keine konkrete Bedrohung für Österreich. Es sei "ja einige Male ein Österreich-Bezug im Manifest zu finden. Das hat man bis dato angeschaut und konnte feststellen, dass keine konkrete Bedrohung im Manifest enthalten ist." Anders Behring Breivik spricht in dem mehr als 1.500 Seiten umfassenden Schriftstück etwa von "Brüder und Schwestern" in Österreich.

Verschärfung

Die österreichischen Behörden stünden weiterhin in Kontakt mit den norwegischen Sicherheitsbehörden. "Es wurden alle Kontakte nach Österreich überprüft, derzeit wurde nichts gefunden, was eine Bedrohung darstellen könnte", erklärte Mikl-Leitner am Dienstag im Ö1-Morgenjournal des ORF-Radio, wo sie sich erneut für das geplante Anti-Terrorpaket aussprach. Nicht nur die norwegischen Attentate mit 76 Toten, sondern "gerade die Vergangenheit hat uns gezeigt, dass wir hier eine Verschärfung brauchen in der Gesetzgebung". Es gehe darum, die Informationen des Innenministeriums und Informationen aus dem Internet mit Informationen der ausländischen Geheimdienste verschneiden zu können, damit diese strukturiert bewertet und Gefahren rechtzeitig erkannt werden können.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung hat sich mit den augenscheinlichen Österreich-Bezügen im "Manifest" Breiviks "relativ intensiv auseinandergesetzt", erklärte Innenministeriumssprecher Rudolf Gollia. Um zu klären, ob Breivik tatsächlich in Österreich war und ob er tatsächlich Kontakte nach Österreich hatte, sei man auch auf die norwegischen Behörden angewiesen. Mit diesen sei Österreich im Schriftverkehr. Es gebe ein Auskunftsansuchen an die norwegische Polizei, das bisher allerdings noch nicht beantwortet wurde.

Karl sieht Lücken

Auch Justizministerin Beatrix Karl sprach das Thema Anti-Terrorpaket vor dem Ministerrat erneut an. Man müsse klare strafrechtliche Bestimmungen in Österreich haben, etwa was die "Anleitung zu terroristischen Straftaten" betreffe. "Da haben wir noch Lücken." Details gelte es zwar mit dem Koalitionspartner abzusprechen, als Strafrahmen kann sich Karl allerdings schon jetzt "bis zu zwei Jahre" Haft vorstellen - oder sogar mehr.

Faymann und Spindelegger für Maßnahmen, welche bleibt offen

Die Koalitionsparteien haben sich also geschlossen für Maßnahmen nach den Terroranschlägen in Norwegen ausgesprochen. Allerdings sind sich SPÖ und ÖVP noch nicht einig, wie diese aussehen sollten. Während Bundeskanzler Werner Faymann die Frage der internationalen Zusammenarbeit der Polizei prüfen will, sprach sich Vizekanzler Michael Spindeleggerdafür aus, alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Beide betonten, dass man zwischen den Vorfällen in Norwegen und der politischen Situation in Österreich trennen müsse.

Beide Parteien seien sich einig, so Faymann, dass der norwegische Premierminister Jens Stoltenberg mit seiner Reaktion auf die Anschläge den richtigen Weg gegen Hass und Gewalt einschlage. Auch in Österreich bedürfe es einer "Abrüstung der Worte". Zu den erneut aufgetauchten Plänen der ÖVP zu einem Anti-Terrorpaket meinte er nur: Es gehe nicht um eine Debatte entweder Datenschutz oder Terrorbekämpfung. Datenschutz habe immer seine Berechtigung. Man müsse jedoch darüber diskutieren, wie man die Polizei zweckorientiert mit besseren Möglichkeiten ausstatten könne.

Für Spindelegger gehört das Anti-Terrorpaket, das Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizministerin Beatrix Karl schon vor einigen Wochen vorgelegt haben, im Parlament ausdiskutiert.

Spindelegger: "Ich bringe das nicht in Zusammenhang mit der FPÖ"

Einen konkreten Zusammenhang zwischen dem norwegischen Attentäter und Funktionären der FPÖ - wie derzeit in Medien spekuliert wird - wollte weder Faymann noch Spindelegger sehen. "Ich bringe das nicht in Zusammenhang mit der FPÖ", so der Vizekanzler. Derselben Meinung ist auch Faymann, der aber eine eventuelle Koalition mit den Freiheitlichen für sich persönlich weiterhin ausschloss.

Schieder für freie Gesellschaft

Staatssekretär Andreas Schieder findet es "bewundernswert", wie die norwegische Gesellschaft mit den offenbar rechtsextrem motivierten Anschlägen umgehe. Man stehe dort zusammen, betonte die Grundwerte und rücke davon nicht ab. Über schärfere Sicherheitsmaßnahmen will er vorerst nicht nachdenken: "Es gibt keine Alternativen zu einer freien Gesellschaft", so der SPÖ-Staatssekretär. Zudem gebe es mehrere Faktoren, "die diesen Wahnsinn fördern", so etwa "Internet-Spiele" und Gewaltspiele.

Entschärfung

Im Gegensatz zu Österreich bemühte sich die deutsche Bundesregierung nach dem Massenmord von Norwegen jede Debatte über neue oder schärfere Gesetze zu stoppen. Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" bezeichnen die Experten der deutschen Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern die Diskussion um eine Vorratsdatenspeicherung im Zusammenhang mit Norwegen als "idiotisch" und "instinktlos". (APA/red)