Wien - Der Demograph Tomas Sobotka, der Ökologe Matthias Horn und der Molekularbiologe Bojan Zagrovic, allesamt in Wien tätig, gesellen sich zu den bisher bekanntgewordenen Nachwuchsforschern aus Österreich, die in der aktuellen Ausschreibungsrunde eine hoch dotierte Förderung des European Research Council (Europäischer Forschungsrat, ERC) erhalten haben. Über den "Starting Grant" fördert die Europäische Union im 7. Rahmenprogramm für Forschung Projekte mit rund 1,5 Millionen Euro für bis zu fünf Jahre.

Die Evolution der Chlamydien ist das geförderte Vorhaben von Matthias Horn, Professor am Department für Mikrobielle Ökologie der Universität Wien. Chlamydien sind eine Bakteriengruppe, die sich auf das Leben innerhalb tierischer Zellen spezialisiert hat. Diese Bakterien verursachen z.B. Atemwegserkrankungen und sexuell übertragbare Erkrankungen. Chlamydien sind auch in der Umwelt weit verbreitet. Die Verwandten der Krankheitserreger des Menschen leben dort innerhalb von Amöben.

In seinem ERC-Projekt wird nun mit Ansätzen der "Experimentellen Evolution" die Evolution der Chlamydien und deren Anpassung an unterschiedliche Wirtszellen untersucht. "Die Kombination von Evolutionsexperimenten mit aktuellen Methoden der Genomsequenzierung werden erstmals Einblicke in die Dynamik der Evolution intrazellulärer Bakterien, die genetische Basis der Anpassung bei diesen Mikroorganismen und die Koevolution mit ihren Wirtszellen liefern", sagte Horn laut Aussendung.

Der Molekularbiologe Bojan Zagrovic von den Uni Wien (an den Max F. Perutz Laboratories) befasst sich mit der Frage, wie sich Biomoleküle in der Zelle finden und wie sie miteinander interagieren. Proteine wechseln ständig geringfügig ihre Gestalt, also müssen beide Bindungspartner darauf warten, dass sie zusammenpassen. Wenn beide Partner bereit sind, binden sie sich aneinander und verändern ihre Form noch einmal durch die Interaktion.

Zagrovic und sein Forschungsteam werden in den kommenden fünf Jahren die Protein-Protein-Interaktion weiter untersuchen und anhand von Computersimulationen eine ganzheitlichere Theorie entwickeln. "Klassische molekularbiologische Experimente unter dem Mikroskop oder mit Spektroskopie eignen sich hierfür nicht. Nur unter Verwendung leistungsstarker Server und komplexer Computersimulation ist es möglich, Proteine mit einer kleineren Auflösung als einem Angstrom zu berechnen. Interaktionen zwischen den sehr kleinen und schnellen Biomolekülen können dadurch auf der Ebene von einzelnen Atomen visualisiert und untersucht werden", sagte Zagrovic.

Das Projekt von Tomas Sobotka vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), behandelt die Geburtenentwicklung im Europa des 21. Jahrhunderts und die damit verbundenen Konsequenzen. Der Demograph und sein Team wollen laut Aussendung "den Zusammenhang zwischen Kinderwunsch, sozio-ökonomischer Situation und Fertilitätsraten untersuchen". Schwerpunkte bilden u.a. die Prüfung derzeitiger Theorien und Erklärungsmodelle zur Geburtenentwicklung, die Analyse des Kinderwunsches und dessen Bedeutung für die aktuelle Geburtenentwicklung wie auch die Wechselwirkungen zwischen Geburtenentwicklung, Migration und Bevölkerungswandel.

Darüber hinaus soll die Human Fertility Database (HFD) - ein Kooperationsprojekt mit dem Max-Planck-Institut für demographische Forschung in Rostock (Deutschland) - weiterentwickel werden. Die HFD hat das Ziel, detaillierte und standardisierte Daten zu Geburtenraten in Europa und den USA für die ländervergleichende Forschung zur Verfügung zu stellen. (APA)