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Viele Kinder in den Flüchtlingslagern sind so schwach, dass sie intravenös ernährt werden müssen.

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Dadaab / Addis Abeba / Rom - Die Vereinten Nationen haben nach eigenen Angaben keine Möglichkeit, mehr als zwei Millionen vom Hungertod bedrohten Somaliern zu helfen. Möglicherweise müssten Lebensmittel von Flugzeugen aus über einigen von Islamisten kontrollierten Gebieten abgeworfen werden, erklärten Mitarbeiter des Welternährungsprogramms (WFP) am Samstag. Der Zugang zu 2,2 Millionen Menschen werde verwehrt, sagte WFP-Direktorin Josette Sheeran. Sie beschrieb Somalia als den gefährlichsten Ort, an dem das WFP weltweit im Einsatz sei. "Aber die Menschen sterben. Es geht nicht um Politik, es geht jetzt darum, Leben zu retten."

Die Region wird von der schlimmsten Dürre seit 20 Jahren heimgesucht. Mindestens elf Millionen Menschen sind betroffen, 3,7 Millionen sind akut vom Hungertod bedroht. Tausende Somalier fliehen aus ihrer Heimat.

Dort kontrollieren radikale Muslime der Al-Shabaab-Gruppe große Gebiete. Sie hatte im Vorjahr Lebensmittelhilfen verboten und wirft den Hilfsorganisationen nun vor, nur aus politischen Gründen von einer Hungersnot zu sprechen. Am Freitag erklärten Al-Shaabab-Vertreter, sie würden keine UN-Hilfsgüter in die betroffenen Gebiete durchlassen.

Das größte Flüchtlingslager der Welt

In manchen Gebieten Somalias stirbt in diesen Tagen alle sechs Minuten ein Kind. Diese Schätzung gab das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen bekannt. Noch immer kämen "Hunderte, wenn nicht sogar Tausende" täglich in Dadaab in Kenia an, sagte Unicef-Mitarbeiter Christopher Tidey am Samstag. Mit fast 400.000 Menschen ist es das größte Flüchtlingslager der Welt.

Tidey besuchte am Samstag in Dadaab ein Spital für schwer unterernährte Kinder. "Viele von ihnen sind so schwach, dass sie nicht einmal mehr die Kraft haben, Essen herunterzuschlucken, und deshalb intravenös ernährt werden müssen", sagte er. "Ich habe einen dreijährigen Buben gesehen, der nur fünf Kilo wog."

Unterdessen wird in der äthiopischen Region Dolo Ado an einem vierten Flüchtlingslager gearbeitet. Es solle weiteren 60.000 Hungernden Platz bieten, nachdem die ersten drei Camps mittlerweile am Ende ihrer Kapazität seien, teilte das UN-Flüchtlingskomitee (UNHCR) mit.

UN-Warnung im November

Die Hungerkatastrophe am Horn von Afrika mit inzwischen zehntausenden Toten war nach Ansicht einer Expertin der Vereinten Nationen schon länger zu befürchten. "Auch wenn die schlimme Dürre im Mai und Juni nicht voraussehbar gewesen ist, haben wir schon im vergangenen November vor einer Zuspitzung der Nahrungsmittelknappheit - vor allem in Somalia - gewarnt", sagte Hilfsorganisatorin Angela Hinrichs von der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) in Rom.

Im Süden Somalias gebe es Landwirtschaft, die man jedoch erst wieder richtig aufbauen müsse, sagte Hinrichs. Der Anbau - vorrangig von Mais und Hirse - sei vor allem auch durch politische Kämpfe in der Region schwer beeinträchtigt. (Reuters/dpa, Der STANDARD, Printausgabe, 25.7.2011)