Finden ÖVP und SPÖ einen "Mehrwert" für den Verbund, könnte der größte Stromproduzent des Landes bald in die Beteiligungsholding ÖIAG wandern.

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Wien - Die SPÖ zeigt sich offen für Überlegungen von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (VP), möglicherweise die Verbund AG und die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) in die staatliche Beteiligungsholding ÖIAG einzubringen. Eine stärkere Kooperation vom Verbund mit der OMV könne bei ausländischen Geschäftsbereichen durchaus sinnvoll sein, sagte Finanzstaatssekretär Andreas Schieder zum Standard am Sonntag. Festlegen wollte er sich aber nicht. Organisieren könne man das auch außerhalb der ÖIAG.

Schieder und Mitterlehner betonen unisono, dass eine Übertragung der Anteile nur dann infrage komme, wenn es einen wirtschaftlichen "Mehrwert" gebe. Schieder möchte nun die Konzepte des neuen ÖIAG-Chefs Markus Beyrer abwarten, der zuletzt eine ÖIAG mit der Funktion eines staatlichen Risikokapitalgebers ins Spiel brachte.

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Wien - Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bringt neuen Schwung in die Debatte um den Umgang mit Staatsbesitz. In einem Interview mit der Austria Presse Agentur meinte er am Sonntag, die Einbringung der Anteile an der Verbund AG und der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) in die staatliche Beteiligungsgesellschaft ÖIAG sei für ihn denkbar. Es müsse aber einen "darstellbaren Mehrwert" für die Unternehmen geben.

In seinem Büro will man zwar nicht von einer Richtungsänderung sprechen, dennoch äußerte er sich - zumindest im Fall Verbund - in der Vergangenheit ablehnender. Die Übertragung des 51-Prozent-Anteils am größten Stromproduzenten des Landes in die ÖIAG sei nicht sinnvoll, bringe keine wirtschaftlichen Vorteile, erklärte der Minister noch Ende 2009.

Und geht es nach Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber, hat sich daran auch nichts geändert. Er sieht unter einem ÖIAG-Dach "keinen ersichtlichen Vorteil", hieß es am Sonntag auf Standard-Anfrage. Verklausuliert positiv äußert sich BIG-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss. Ziel der BIG sei es, den Immobilienbestand der Republik nach marktorientierten Gesichtspunkten zu bewirtschaften. Alle Schritte in diese Richtung seien "opportun", heißt es in einer Stellungnahme.

Bei der BIG steht vor allem die Angst im Raum, nach einer Privatisierung könnten öffentliche Einrichtungen - etwa die Unis - mit höheren Mieten konfrontiert sein. Hier spricht Weiss aber von "irrationalen Ängsten", die leicht zu entkräften seien. "Wir leben in einem Rechtsstaat, und das Kerngeschäft der BIG basiert ausschließlich auf langfristigen Verträgen, die keine Hintertür haben. Nach Mietrechtsgesetz kann kein Vermieter einseitig die Miete erhöhen. Es gibt hier auf beiden Seiten klare Rechte und Pflichten."

Im Hintergrund schwelt seit Monaten ein Streit zwischen SPÖ und ÖVP um die Neuausrichtung der ÖIAG, die seit Juli von Markus Beyrer, dem früheren Generalsekretär der Industriellenvereinigung, geführt wird. Die Fronten bröckeln aber etwas. War die SPÖ anfangs noch für eine Auflösung der ÖIAG, ist man jetzt zu einer Neuausrichtung bereit.

Kooperation mit OMV

Finanzstaatssekretär Andreas Schieder zeigte sich am Sonntag auch gesprächsbereit zu den Mitterlehner-Vorschlägen in Sachen Verbund und BIG. So könne eine Kooperation des Verbunds mit der OMV im Auslandsgeschäft durchaus Sinn machen, sagte Schieder zum Standard. Das müsse freilich nicht zwingend innerhalb der ÖIAG passieren. Hier gebe es verschiedene Möglichkeiten. Wenn es bei der BIG einen "Mehrwert" gebe, "der nicht Privatisierung heißt", könne man auch darüber reden. Gefordert sei nun ÖIAG-Chef Beyrer, der demnächst ein Konzept vorlegen will.

Zuletzt erklärte Beyrer, es sei auch denkbar, Teile der ÖIAG- Erträge für befristete Eigenkapitalhilfen an Wachstumsunternehmen und Betriebe in Zukunftsbranchen einzusetzen. Auch diesen Vorschlag will sich Schieder "ernsthaft anschauen". Es sei positiv, dass man nun nicht mehr nur über den Abverkauf von Staatsbeteiligungen bzw. eine reine Verwaltungs-ÖIAG rede. Derzeit hält die ÖIAG Anteile an drei börsennotierten Unternehmen - der Post AG, der OMV und der Telekom. (Günther Oswald, DER STANDARD, Printausgabe, 25.7.2011)