Bild nicht mehr verfügbar.

Frau B. wollte eigentlich nur die Liebe finden.

Foto: dpa/dpaweb/Uwe Zucchi

Viel ist in den vergangenen Monaten über die heimische Justiz geredet und geschrieben worden. Auch die Frage der Gerechtigkeit wurde erwogen: Ob Menschen vor Gericht darauf vertrauen können, dass Unrecht als solches erkannt und dementsprechend geurteilt wird. Im Fall einer in Österreich lebenden Frau polnischer Herkunft ist das gründlich misslungen. 

Begonnen hatte das mit dem Wunsch nach Partnerschaft und Liebe: Frau B. antwortete auf die Kontaktanzeige eines "Herrn Georg". Es meldete sich ein Partnervermittlungsinstitut. Frau B. ging hin. Und dann geschah, wie sie schildert, folgendes:

Man habe ihr erklärt, dass die Partnervermittlung 130 Euro koste. Sie habe eine noch unausgefüllte Vereinbarung unterschrieben. Dann habe sie - als Partnervermittlungsleistung - ein Kuvert erhalten, doch die Kontaktdaten "Herrn Georgs" seien darin nicht gewesen: Die Institutsmitarbeiterin habe ihr gesagt, er passe aus Sternzeichengründen doch nicht zu ihr. 

Zwanzig Mal teurer

Wieder daheim, habe sie im Umschlag eine Vereinbarungs-Kopie gefunden: In der "Kosten"-Spalte standen statt „130" nunmehr „2270 Euro". Im Kleingedruckten war von „zwei Tagen Rücktrittsrecht" die Rede. Doch als sie zeitgemäß ein Rücktrittsfax schickte, habe der Geschäftsführer gebockt: Es habe einen Partnervermittlungsversuch gegeben, alles, was er anbieten könne, sei Bezahlung in Raten. 

Und er habe sie am Telefon beschimpft: Sie sei arbeitslos und unfähig, eine „Balkanesin" und „dumme Polin", beziehe Notstandshilfe und strapaziere Österreich. Und dann habe sie von der Partnervermittlung die Zahlungsaufforderung für die erste Rate zugeschickt bekommen.

Frau B. wandte sich an die Gleichbehandlungsanwaltschaft, die sich mit der gegnerischen Anwältin in Kontakt setzte. Wegen der Beschimpfungen Frau B.‘s wurde Entschädigung verlangt, wie sie das Gleichbehandlungsgesetz in Fällen ethnischer Diskriminierung im bei Bezug von Dienstleistungen vorsieht - in diesem Fall laut Gutachten der Gleichbehandlungskommission mindestens 720 Euro. Doch die Rechtsvertreterin blieb stur: Beschimpfungen habe es nicht gegeben. Weder sei der Vertragsentwurf Frau B. unausgefüllt zum Unterschreiben gegeben worden, noch existierten Gründe, ihr zahlungsmäßig entgegenzukommen. 

Zum Zahlen verdonnert

Dasselbe brachte die Rechtsvertreterin beim Bezirksgericht vor, wo die Partnervermittlung die angeblich offenen Forderungen einklagte. Die Richterin folgte ihr: Frau B. müsse zahlen. 

Und damit war mit weiterer Gerechtigkeitssuche auch schon Schluss. Weil im österreichischen Zivilprozess das Prinzip der Erfolgshaftung gilt: Wer gewinnt, hat Anspruch auf Ersatz sämtlicher Prozesskosten - für eine Notstandshilfebezieherin mit 500 Euro Monatseinkommen ein viel zu hohes Prozessrisiko. Auch das Gleichbehandlungskommissionsgutachten half nicht. Es ist rechtlich nicht verbindlich. Und Rechtsschutz, etwa durch die Arbeiterkammer? Keine Chance, denn diesen gibt es in Verfahren laut Gleichbehandlungsgesetz nicht.

Also stotterte Frau B. die 2270 Euro in Raten ab: Aus Naivität aufs Glatteis geführt, ohne Gegenleistung abgespeist und als Ausländerin beschimpft - aber letztlich ohne jede Chance, sich mit gleichen Mitteln zu wehren. Willkommen in den Niederungen des Rechtsstaats! (Irene Brickner, derStandard.at, 23.7.2011)