Für die Kaiserkrönung in Frankfurt wurde dieses zweisitzige Coupé in Kisten verpackt und vor Ort zusammengebaut: Erst dann nahm Botschaftskavalier Nikolaus II. darin Platz.

Foto: M. Klimek / Esterházy Foundation

"Er glitzerte wie eine ganze Galaxie" , schreibt der schottische Schriftsteller Sir Walter Scott über Nikolaus II., Il Magnifico. 1821 bei der Krönung von George IV. in der Westminster Abtei war der Esterházy-Fürst nicht zu übersehen mit seiner über und über mit Perlen und Diamanten besetzten Galauniform und den 4000 Brillanten an seinem Hut. Sein Glanz übertraf den der Roben des europäischen Hochadels bei weitem.

Bescheidenheit war ihre Sache nicht. Sie durfte es auch nicht sein. Denn die ungarische Familie Esterházy war schon seit dem 17. Jahrhundert bestrebt, selbst ein souveränes Fürstentum zu werden. Und der höfische Pomp, die riesigen Kunstschätze und ihr Mäzenatentum - wie es sich in der Ausstellung Glanz & Glorie der europäischen Höfe in Monte Carlo zeigt - waren probates Mittel, um die Esterházys mit den deutschen regierenden Häusern ständisch gleichzustellen.

Und Nikolaus II. (1765-1833) war, was die royalen Ambitionen betraf, der wohl ambitionierteste von ihnen. Man könnte sagen, "es grenzt an Größenwahn" , so der Kurator der Esterházy-Privatstiftung, Stefan Körner, der seine Dissertation über den fürstlichen Spross mit dem übersteigerten Selbstbewusstsein schrieb.

Duldsame Habsburger

Sich in kaiserlicher Pose porträtieren zu lassen, kann man auch als irrsinnige Anmaßung sehen. Nicht nur einmal überschritt Nikolaus II. das, was ihm laut höfischem Zeremoniell erlaubt war. Warum die Habsburger es duldeten, dass ihre Adeligen sich so aufführen? Vermutlich, weil die lange Tradition ihres Hause mehr wog, als sich in kaiserlichen Würdeformeln zu ergeben.

Trotz aller Mühen und Exzentrik gelang die königliche Etablierung der Esterházy jedoch nicht. Auch die Gerüchte, Napoleon habe Nikolaus II. zum ungarischen König machen wollen, sind falsch. Und so ist er nun das einzige ungekrönte Haupt in der bombastischen Ausstellung Glanz & Glorie der europäischen Höfe im Grimaldi-Forum. Für manche war die Teilnahme eine Frage der Ehre, für andere Verhandlungssache, für manche eine Chance. So auch für die Esterházys, die damit hoffen, ihre umfangreichen Schatzkästlein und auch die österreichischen Standorte, die Goethe vom "Esterházyschen Feenreich" schwärmen ließen, weithin bekannter zu machen.

Nicht weniger als 20 fürstliche und königliche Höfe aus Europa werden in Monte Carlo mit exquisitesten und kostbarsten Leihgaben, von denen so manche kaum oder noch nie ausgestellt waren, repräsentiert. Eine Leistungsschau der Höfe und ein organisatorischer Gewaltakt, den man nach der Verlobung von Charlène und Albert zu planen begann und dessen goldgelackte Ergebnisse man, kaum waren die Tränen der fürstlichen Trauung getrocknet, als Hochzeitsgeschenk überreichte.

Die Inszenierung ist aufwändig, wirkt aber aufgedonnert; die bühnenhaften Kulissen sind oft plump: In der zentralen Halle zog man eine Palastfassade hoch, illuminiert und mit ungeschlachten Voluten bekrönt, von der 20 Türen zu den einzelnen Höfen abzweigen. In diesen Schatzkämmerlein dient bei den Norwegern etwa ein stilisiertes Wikingerschiff als Podest; bei den Österreichern ist eine Art Tempietto Bühne für Memorabilia zur Kaiserin Sisi: ihr Trauerkleid oder das Reiseservice.

Bei der Präsentation des österreichischen Hofes begnügte sich das monegassische Kuratorenteam mit dem Klischee der schönen Kaiserin: Sisi als in Wien einziehende Braut oder als tolle Reiterin. Vielleicht weil Monaco selbst sehr den Mythos der schönen Fürstin Gracia Patricia pflegt. Sogar Ausschnitte aus den Sisi-Filmen flimmern über einen Monitor. Mehr von Romy gibt's gleich nebenan bei den Bayern, wo Szenen aus dem Film Ludwig II. mit Helmut Berger zu sehen sind. Auf die Tränendrüse drückt man auch bei den Briten, wo bei der Inszenierung Königin Victorias ebenfalls filmisch nachgeholfen wird.

Mehr Einfluss auf ihre Inszenierung hatten wohl die Esterházys: An den Livreen der fürstlichen Dienerschaft vorbei führt der Weg zu drei zentral präsentierten Karossen: Neben dem extravaganten Schildkrötenschlitten (1732) aus Versailles, und einem eleganten Reisewagen steht dort sehr prominent das frisch restaurierte Coupé, in dem Nikolaus II. 1792 zur Krönung von Franz II. durch Frankfurt fuhr. Den blau-goldenen Wagen bestieg der Krönungsbotschafter jedoch erst vor Ort. Das schnittige Vehikel war zu zart für die weite Reise: Es wurde in Einzelteilen antransportiert und erst vor Ort zusammengebaut. (Anne Katrin Feßler aus Monaco / DER STANDARD, Printausgabe, 23./24.7.2011)