Thomas Priglinger: "Anders als immer wieder fälschlich berichtet, sucht bwin.party an allen Standorten IT-Personal."

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Der Online-Wettanbieter bwin.party kämpft mit eklatantem IT-Fachkräftemangel. Es gibt kaum Interessenten für die aktuell 30 ausgeschriebenen IT-Stellen. In einem Gespräch mit derStandard.at erklärt Thomas Priglinger, IT-Chef von bwin.party, wo die Ursachen liegen und wie eine potenzielle Lösung aussehen könnte.

derStandard.at: Wie steht es um das IT-Fachkräfte-Personal bei bwin.party?

Thomas Priglinger: Anders als immer wieder fälschlich berichtet, sucht bwin.party an allen Standorten IT-Personal. IT-Fachkräfte sind in Indien genau so begehrt wie in Österreich oder anderswo. Am Standort in Wien beschäftigen in allen Bereichen der Informationstechnologie rund 400 Spezialisten. Das ist knapp die Hälfte aller Mitarbeiter. Ein weiterer großer bwin.party-Standort ist in Hyderarbad in Indien, der mit der Fusion von bwin mit PartyGaming in das neue Unternehmen eingebracht wurde. Dort sind ebenfalls rund 400 Mitarbeiter in der IT beschäftigt. Ansonsten haben wir mehrere kleine Teams, auch bei Partnerunternehmen, weltweit verteilt, wie zum Beispiel in Bulgarien oder Rumänien. Im Großen und Ganzen haben wir große Schwierigkeiten, IT-Mitarbeiter zu lukrieren.

derStandard.at: Worin liegt Ihrer Meinung nach das Problem begründet, qualifizierte IT-Mitarbeiter zu finden?

Priglinger: Ich glaube, dass speziell in Österreich technische Berufe in der Ausbildung zu wenig forciert werden. Das hat sicher verschiedenste Gründe. Österreich oder besser gesagt Wien präsentiert sich zu wenig als IT-Produktionsstandort. Davon bin ich überzeugt. Es gibt kaum große Player, die, so wie wir, hunderte Entwickler beschäftigen. Es fehlt an schillernden Namen. Das Resultat: HTLs, Fachhochschulen und technische Universitäten produzieren zu wenig Abgänger. Zusätzlich ist der Frauenanteil leider sehr gering. Alle diese Probleme sind aber nicht neu, sondern verfolgen uns seit der mehr als zehnjährigen Geschichte unseres Unternehmens.

derStandard.at: Betrifft der Fachkräfte-Mangel eine Sparte mehr beziehungsweise eine andere weniger?

Priglinger: Wir konzentrieren uns auf den Bereich IT, dort sind wir Spezialisten und müssen feststellen, dass der Mangel eklatant ist. Ich befürchte aber, es betrifft alle Sparten: gut geschulte Fachkräfte sind leider rar geworden. Höchste Zeit, dass die Politik etwas tut.

derStandard.at: Zum Standort Wien: Welche Mitarbeiter werden hier am meisten gefordert? Und was müssen sie mitbringen?

Thomas Priglinger: Wir suchen in allen Bereichen, derzeit hauptsächlich Java- und .Net-Entwickler, Datenbankadministratoren sowie Tester. Wir betreiben eine der weltweit größten SQL-Server-Installationen der Welt und das auf einem Sicherheits- und Verfügbarkeitsniveau, das mit Banken zu vergleichen ist.  Eine hoch interessante Aufgabe für Menschen, die sich im Datenbankbereich positionieren wollen. In Sachen Software-Entwicklung betreibt bwin.party in Wien das Kompetenzzentrum für das Sportwettenprodukt, bekannt unter der Marke bwin, für User-Interface-Design und -Technologie sowie für neue Distributionskanäle, wie Smartphones, Tablets und andere Touch-Devices. Wir bieten ein interessantes, internationales Umfeld für Entwickler, die über den Tellerrand hinausschauen wollen, vernetzt denken und einen Sinn für Produkt-Design oder auch Marketing haben. Unsere Mitarbeiter müssen flexibel und "agil" arbeiten, da wir unsere Produkte ständig weiterentwickeln und sie den Anforderungen regulierter Märke flexibel und schnell anpassen müssen.

derStandard.at: Nun aus aktuellem Anlass eine andere Frage: In jüngster Zeit haben Hackergruppen zahlreiche Webseiten - unter anderem im Unternehmensbereich lahmgelegt. Wie sieht es da mit Erpressungsfällen bei Online-Wettanbietern aus? Ist bwin.party schon mal Opfer eines Hacker-Angriffs oder einer Erpressung geworden?

Priglinger: Natürlich haben auch wir massive Angriffe, wie DDoS-Attacken, erlebt. 2004 waren wir ein paar Stunden offline, nachdem es Angriffe auf alle großen Online-Gaming-Unternehmen in Europa gegeben hat. Damals haben wir mit allen nationalen und internationalen Behörden kooperiert. Daten wurden jedoch nie gestohlen. Deshalb gab es in diesem Zusammenhang auch keine Erpressungsversuche. Wir betreiben klassische E-Commerce-Portale, die höchste Sicherheit erfordern. Jede Transaktion muss bei uns sicher sein. Sollte Twitter einen Tweet oder Facebook einen Eintrag verlieren, ist das in keinem Fall so dramatisch. Unsere Sicherheitsstandards sind mit jenen von Banken vergleichbar.

derStandard.at: Wie können sich Online-Wettanbieter gegen derartige Übergriffe schützen?

Priglinger: Datensicherheit erfordert eine ganze Reihe an Maßnahmen, in die wir sehr viel investieren, um einerseits Normen und Standards zu entsprechen sowie neuesten Bedrohungen entgegentreten zu können. Da unterscheiden sich Online-Gaming-Anbieter nicht von anderen E-Commerce-Unternehmen. Um ein höchstes Maß an Datensicherheit zu gewährleisten, hat bwin.party ein mehrköpfiges Team mit hochkarätigen Spezialisten, die sich nur mit IT-Sicherheit und dazugehörigen Audits beschäftigt. (Eva Zelechowski, derStandard.at, 30. August 2011)