Die Sängerin Annette Dasch tritt beim Carinthischen Sommer auf.

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Wien - Sie hat zur Zeit genug Gründe, um zu feiern: Zum einen kann Annette Dasch seit diesem Jahr auf eine zehnjährige Karriere zurückblicken, die solide zu nennen wohl eine Untertreibung wäre; zum anderen hat die sympathische Deutsche Anfang dieses Monats geheiratet, und zwar den nicht minder netten Berufskollegen Daniel Schmutzhard. Gerade wird eine gemeinsame Wohnung in Frankfurt bezogen, wo Schmutzhard ab der Spielzeit 2011/2012 seinen lyrischen Bariton als Ensemblemitglied der dortigen Oper zum Klingen bringen wird.

"Wahnsinnig schnell vergangen" seien die zehn Jahre, meint Annette Dasch, nach einem Resümee dieser Zeit befragt, speziell die erste Hälfte davon. Richtig gierig sei sie gewesen nach tollen Engagements, nach neuen Partien - bei deren Auswahl sei sie einfach ihrem Herzen gefolgt. "In den letzten Jahren hat sich etwas geändert, ich gehe die Dinge vielleicht etwas bewusster, langsamer und gründlicher an."

Gab es im letzten Jahrzehnt auch Gefährdungen für die Karriere, Momente, in denen es in eine falsche Richtung ging? "Ja." Wann? "Im Jahre 2008. Da hatte ich einen Einbruch. Einerseits habe ich da zu viel gemacht, andererseits war mein Instinkt plötzlich weg. Ich habe mich verbogen, wollte hin zu einer anderen Klangfarbe, einer anderen Körperlichkeit beim Singen. Es klingt seltsam, aber auf eine gewisse Weise war plötzlich meine Unschuld weg, auf der Bühne zu agieren. Es hat lange gedauert, da wieder rauszufinden."

Und wie ist das schließlich gelungen? Dasch: "Durch eine neue Sicht auf meine Arbeit. Ich bin disziplinierter geworden und auch bescheidener. Ich habe begonnen, mich selbst weniger wichtig und die Musik dafür wichtiger zu nehmen - die Vielschichtigkeit, die Glaubhaftigkeit einer Partie. Und ich habe mich bemüht, wegzukommen von dieser Abhängigkeit von Lob und vom Gemochtwerden, habe bewusst in Kauf genommen, vielleicht auch einmal nicht so bejubelt zu werden für eine ungewöhnliche Produktion."

In den nächsten Jahren möchte sich die Sopranistin mit Schwerpunkt im Mozart-Repertoire eine künstlerische Offenheit bewahren, möchte von Barockmusik über das französische Repertoire hin bis zu Zeitgenössischem vieles ausprobieren.

Die heikle Rollenwahl

"Man entwickelt sich dadurch doch auch seelisch weiter. Die Vorstellung, nur noch spätromantische Musik zu singen, das wäre für mich doch eher grauenhaft. Nur weil ich jetzt die Elsa (bei den Bayreuther Festspielen, Anm.) gesungen habe, bedeutet das doch noch lange nicht, dass die Rollenwahl jetzt wie eine Bowlingkugel automatisch in Richtung Marschallin und Sieglinde weitergehen muss."

Mit Gatten Schmutzhard widmet sich Annette Dasch jedenfalls der leichten Muse; auf einer Japan-Tournee der Wiener Volksoper (deren Ensemblemitglied Schmutzhard bis vor kurzem war) singt sie an seiner Seite im Herbst die Titelpartie der Hanna Glawari in der Lustigen Witwe.

Obwohl, leichte Muse: "Wenn man die Musik ernst nimmt, entdeckt man viel Bitterkeit darin - und viel schwarzen Humor. Zudem ist die Partie schwer zu singen, und die vielen Dialoge präzise zu timen ist auch alles andere als leicht", so Dasch. Wichtig: Auf eigenständige Projektentwicklung legt die 35-Jährigen Wert - sie wolle "nicht wie ein Marktvieh einfach für irgendetwas gebucht werden", hat sie einmal in einem Interview festgestellt.

Mit Schmutzhard zusammen hat sie für den Carinthischen Sommer - der Tiroler Sänger ist dort fast schon ein Stammgast - denn auch ein eigenes Programm zusammengestellt: In Auf dem Wasser zu singen werden in partnerschaftlichem Wechsel, "wie beim Italienischen Liederbuch", Lieder und Duette von Franz Schubert, Johannes Brahms und Benjamin Britten vorgetragen - allesamt mit Bezug zum nassen Element, versteht sich.

Welchem Element fühlt sie sich am nächsten? "Also, ich bin eher ein Erde- und ein Feuer-Mensch. Ich bin jemand mit Bodenhaftung, aber ich kann auch richtig brennen für eine Sache. Vor dem Wasser habe ich eher Respekt." Aber baden wird sie schon im Ossiacher See, wenn sie schon einmal da ist? "Auf jeden Fall." (Stefan Ender/DER STANDARD, Printausgabe, 20. 7. 2011)