Sommerzeit ist Sixties-Zeit. Alle Jahre wieder schaltet die televisionäre Kulturvermittlung konsequent auf Dokus und Konzerte aus guter alter Zeit, als sich die Jugend auf der einen Seite des großen Teichs gegen den Vietnamkrieg wehrte und die auf der anderen Seite gegen die weltkriegsinvolvierte Elterngeneration aufbegehrte.

Für den ORF übernimmt heuer die Erinnerungsarbeit über Hippies, damals junge Schauspiellegenden und sexuelle Befreiung die Doku-Serie "Strände der Sixties" (in fünf Teilen, immer sonntagabends nebst einschlägigen Filmen).

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In der ersten Folge war zu sehen, was damals in Saint-Tropez los war: Louis de Funès jagte Nudisten, man soff und tanzte bis in der Früh und Pink Floyd trat am Strand auf. Ach ja, und Brigitte Bardot krempelte das Frauenbild in Frankreich um. Dass das nicht die neuesten Erkenntnisse sind, dass die Doku eine nicht gerade dichte Aufbereitung des Stoffes bietet - keinen stört's. Im Gegenteil. Es ist vorgeschobenes Bildmaterial, das weniger Brigitte Bardot oder Pink Floyd meint als die Sehnsucht nach Jugend und Freiheit. Und es ist eine Art Selbstvergewisserung des kollektiven Gedächtnisses, die wesentlichen Ursprünge gegenwertiger Popkultur immer aufs Neue vor Augen zu führen.

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Die antiken Griechen haben einst die Geschichten ihrer Ursprünge, ihre Mythen mit den Sternen am Nachthimmel assoziert. Die Ursprünge des gesellschaftlichen Bewusstseins von heute, seine Archetypen der Rebellion, der Weltveränderer, der Umstürzler haben es immerhin zum Fixstern am sommernächtlichen TV-Schirm gebracht. Das Lagerfeuer, an dem die Heldenepen wieder und wieder erzählt werden, ist zum Flachbildschirm geworden. (Alois Pumhösel/DER STANDARD, Printausgabe, 19.7.2011)

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