162 PS und brutal genug um auch die eine oder andere Runde auf der Rennstrecke zu drehen: Die Ducati Diavel ABS.

Foto: Guido Gluschitsch

Der Zwei-Zylinder überzeugt nicht nur durch Drehmoment, sondern hat auch Leistung ohne Ende.

Foto: Guido Gluschitsch

Endlich ein Endrohr auf einem Motorrad, das nicht gleich nach einem Tausch-Topf schreit.

Foto: Guido Gluschitsch

Die Italiener haben das Styling bis ins letzte Detail durchdacht.

Foto: Guido Gluschitsch

Ein Farbdisplay am Cruiser – nicht mehr lange und wir schauen uns bei Biker-Treffen übers Motorrad "Easy Rider" an.

Foto: Guido Gluschitsch

Klassisch runder Scheinwerfer und trotzdem ein ganz schön böser Blick.

Foto: Guido Gluschitsch

Rechts von mir treiben es mehr als ein Dutzend Schwäne in der Sulm recht bunt. Links von mir viele Dutzend Motorradfahrer. Den Schwänen kommt niemand zu nahe. Sie haben keinen Respekt vor einer Badehose, einem Schwimmflügerl oder einem Fransenleder. Nicht einmal die Eisen, die auf der Sulmbrücke über ihren Kopf hinweg knattern, lassen sie zusammenzucken. Sie haben sich daran gewöhnt.

Der Sulmwirt in Wagna, südlich von Leibnitz in der Steiermark, hat sich mit seinen Biker-Treffen einen Namen gemacht. Der Hausherr, der Sulmwirt Peda, fährt heute eine Yamaha und eine Kawasaki und war schon in den 1990er-Jahren auf seiner GPZ 1100 gefürchtet. Gerüchten im Ort zufolge, sind die Einheimischen freiwillig in den Graben gefahren, wenn sie den Sterz-Begeisterten mit seiner GPZ kommen gesehen haben.

Von der Virago bis zur Hayabusa

Schon am frühen Vormittag stehen mehr als einhundert Motorräder auf dem Biker-Gelände hinter dem Gasthaus. Da ist es ganz egal, ob sich Gespann-Fahrer, wie am letzten Wochenende, oder herkömmliche Biker treffen. So ein Biker-Treffen beim Sulmwirt kennt keine Grenzen. Von der 125er-Virago, über die Harley und wahrlich edle Oldtimer bis hin zur Hayabusa mit derartigen Angstrandeln, dass die Hinterwalze viereckig ist wie der Autoreifen auf einem Gespann, ist alles vor Ort. Hier sieht man die harmlosesten Kutten und die besterhaltenen historischen Knieschleifer. Einige Biker, die ankommen, schlagen recht bald ihr Zelt auf und sitzen vor Mittag schon beim ersten Bier oder Spritzer. Die anderen büchsen in unregelmäßigen Abständen zu Ausfahrten über die Weinstraße aus.

Was hier zählt, ist nicht die Rundenzeit am Pann. Worum es hier geht, ist ein sauberes Motorrad, viel PS, einen ordentlichen Durst und eine große Klappe. Ich verlasse den Tisch vorm Lokal und damit die frechen Schwäne und mische mich unter die Biker. Mit Hemd, Krawatte und Sakko bin ich hier ein willkommener Outlaw, den man belehren kann. „Unter der Woche trage ich auch das Zeug", erzählt mir einer von ihnen, „aber am Wochenende bin ich mit dem Bike unterwegs und pfeif auf Bekleidungsvorschriften." Der stattlich gefütterte Mann, jenseits der Fünfzig, trägt Lederhose und -Jacke samt Fransen - wie die meisten hier. Er erzählt mir etwas von Freiheit, Gleichheit und Selbstbestimmung - Dinge, die seiner Meinung nach das Motorradfahren ausmachen.

Ich passe zu der Gruppe wie Essiggurkerl zu Himbeereis, aber ich lasse mich eine Zeit lang bereitwillig darüber aufklären, wie schön Motorradfahren ist. Niemand fragt mich während der Litanei, ob ich überhaupt Motorrad fahre. Macht aber nichts, denn mit meinem privaten Fuhrpark hab ich hier keinen Riss. Ich weiß nicht einmal, ob hier überhaupt jemand weiß, was eine Trial ist. Mein verschlissenes Leder würde nicht einmal Mitleid erregen. Aber plötzlich fällt mir die Ducati Diavel ein, die ich erst vor wenigen Wochen testreiten durfte. Die brutale Cruiser-Duc mit ihrem 90-Grad-V2-Testastretta-Motor wäre hier ein derartiger Blickfang, dass niemand meine Krawatte bemerken würde.

Ride-by-Wire und Traktionskontrolle

Bei einer der Ausfahrten müsste ich mich halt hinter der Bar verstecken und den Wildecker Herzbuben oder AC/DC lauschen - je nachdem, was grad rennt -, weil mit den 162 PS im Sport-Modus schaffe ich es nicht einmal, den 80er auf der Landstraße zu derbremsen. Und obwohl die Diavel mit Ride-by-Wire und Traktionskontrolle auf drei Fahrmodi eingestellt werden kann, sehe ich da kein Licht am Ende des Tunnels. Selbst im Urban-Mode leistet die Diavel noch 100 PS und zieht an der Kette, dass jeder steirische Hofhund blass wird.

In diesen drei Fahrmodi Sport, Touring und Urban regelt die Traction Control in unterschiedlichen Levels - Sport heißt DTC Level 3, Touring ist DTC Level 4 und Urban Level 5. Unabsichtliche Rutscher sind also unmöglich. Dafür lässt sich die Duc für einen Cruiser weit umlegen und ist so sportlich, dass ich nicht der Erste wäre, der sie über eine Rennstrecke treibt.

Zunge wetzen statt knieschleifen

Doch das interessiert hier niemanden. Angeschliffene Fußrasten werden beim Sulmwirt eher mit einem „Warum hast das abgeflext?" quittiert, als mit der Erklärung, dass man die Angstnippel sowieso abschraubt, bevor man das erste Mal den Zündschlüssel ins Schloss steckt. Hier zählt, was am Parkplatz steht. Und da würde die Diavel mit ihrem 240er Hinterpatschen mächtig Eindruck schinden.

So gesehen ist es schade, dass die Diavel kein Biker-Motorrad ist, weil sie sich einfach viel zu sportlich bewegen lässt, mit den Brembos Bremsen hat, die diesen Namen auch verdienen. Die meisten Supersportler hier beim Sulmwirt müssten sich weit hinter der Diavel einreihen - doch Moment, hier geht es nicht um Kurvengeschwindigkeit und Rundenzeit. Hier würden LED-Lampen, ein Farb-Display, eine feine Einarm-Schwinge und edles Design zählen. Und damit würde ich mit der Duc wieder in der ersten Reihe stehen - denn das hat sie alles. Und wenn dann erst einer hört, dass sie von Haus aus nur knapp unter 23.000 Euro kostet, dann bräuchte ich kein Transchelgeld mehr für Bier, weil mich hier alle einladen würden, bis ich vor meinen Alltagsproblemen so viel Respekt hätte, wie die Schwäne vor einem Biker.

Ducati Diavel 1200 Carbon ABS

Motor: 90°-V2 4-Takt-11°-Testastretta-Motor
Hubraum: 1198,4 ccm
Leistung: Sport- und Touring-Mode: 162 PS (119 kW) bei 9.500 U/min, Urban-Mode: 100 PS
Drehmoment: 127,5 Nm bei 8.000 U/min
Kraftübertragung: Anti-Hopping-Kupplung, Kette
Radaufhängung vorne: 50 mm USD-Gabel
Radaufhängung hinten: Monofederbein
Bremse vorne: Zwei-Scheibenbremse, Ø 320 mm, 4-Kolben radial, ABS
Bremse hinten: Scheibenbremse, Ø 265 mm, 2-Kolben, ABS
Reifen vorne: 120/70 ZR17
Reifen hinten: 240/45 ZR17
Gewicht trocken: 207 kg
Sitzhöhe: 770 mm
Preis: carbon-matt ab 22.495 Euro, carbon-matt/rot ab 22.995 Euro

+ Extrem sportlicher Cruiser, mit edlem Styling, feinen Details und einem mörderischen Antritt.

- Um das Geld kaufen sich andere ein neues Auto.