Bild nicht mehr verfügbar.

Zu schweren Unruhen kam es Ende 2001 in Buenos Aires.

Foto: Reuters

Wien - Was für ein Zufall: Im Jahr des Eurobeitritts Griechenlands legte Argentinien eine fulminante Pleite hin. Das lateinamerikanische Land gab just zu dem Zeitpunkt die wenig segensreiche Bindung an den US-Dollar auf, als Athen in der Gemeinschaftswährung das Heil sah. Zehn Jahre später wird die bisher größte Staatsinsolvenz der Geschichte in Ökonomenzirkeln in Relation zu Griechenland gestellt.

Doch was passierte genau in Argentinien: Zwischen Jänner und November 2001 stiegen die Zinsen auf argentinische Anleihen infolge der Schuldenkrise der Schwellenländer und einer tiefen Rezession um 20 Prozentpunkte und machten die Refinanzierung für die Regierung De La Rúa immer teurer. Auch damals versuchte die Regierung eine "freiwillige" Beteiligung privater Gläubiger, von ausländischen Schuldnern, aber auch den heimischen Pensionsfonds. Und wie jetzt in Griechenland kündigten die Bonitätsprüfer von Standard & Poor's an, diese Einbindung als Zahlungsausfall zu werten.

Währungsabwertung

Zwei Monate später bediente Argentinien die ersten Anleihen nicht mehr. Beim ersten Anleihentausch erhielten Investoren rund 35 Prozent des Nominalwerts ihrer Papiere zurück, doch es dauerte bis 2005, bis ein erheblicher Teil der Schulden im Ausmaß von 60 Prozent des BIP - also etwas mehr als ein Drittel des griechischen Obligos - umgeschuldet werden konnte. Als Argentinien 2002 zahlungsunfähig wurde, stellte das Land nicht nur Zahlungen für die Staatsanleihen ein, sondern wertete auch massiv die Währung ab.

Vor der Krise war der Schuldenstand zwischen 1995 und 2001 von 35 auf 65 Prozent der Wirtschaftsleistung gestiegen. Doch nach der Abwertung schnellte die Schuldenlast auf über 150 Prozent empor, weil die externe Verschuldung bereits 2000 über die Hälfte des BIPs ausmachte und hauptsächlich in US-Dollar denominiert war.

Auch ein erstes Rettungspaket des Währungsfonds und befreundeter Staaten half nicht. Wegen der tiefen Rezession brachte Buenos Aires das Defizit nicht in Griff. Auch der Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit spielte eine wichtige Rolle, Lohnsenkungen konnten nicht durchgesetzt werden. Während Haupthandelspartner Brasilien abwertete, stand Argentinien mit seiner Dollar-Bindung auf verlorenem Posten. Wie in Griechenland hoben Sparer wegen der Vertrauenskrise Gelder ab und brachten das Finanzsystem in zusätzliche Turbulenzen.

Argentinien ist auch deswegen in die ungeordnete Pleite gerutscht, "weil die Regierung so lange versucht hat, eine Umschuldung abzuwehren," meint etwa Paul Blustein, Ökonom an der Brookings Institution. Auch Bill Rhodes, jahrzehntelanger Banker der Citigroup und involviert in zahlreiche Umschuldungen, etwa jene von Uruguay 2003, betont, wie wichtig der Faktor Zeit ist: "In einer Krise läuft die Zeit immer gegen Dich." So ähnlich sei das auch in Griechenland. "Man muss die privaten Gläubiger so früh wie möglich an den Tisch bringen", sagte Rhodes in einem Interview mit dem britischen Economist.

Vorbild für Griechenland?

Bei allen Nachteilen ist das Land mit der Zahlungsunfähigkeit nicht so schlecht gefahren. Das Wachstum zog unmittelbar danach kräftig an und ist bis heute ungebrochen. Sollte sich Griechenland also doch ein Vorbild an Argentinien nehmen? Als wesentlicher Nachteil einer Umschuldung gilt der Bann von den Kapitalmärkten, den potenzielle Geldgeber verhängen. Daneben wird oft angeführt, dass eine Abwertung Athens wegen der Zugehörigkeit zur Eurozone unmöglich sei. Sollte das Land freilich aus der Währungsunion austreten, wäre der Schritt die logische Folge. Der Ökonom Daniel Gros schätzt, dass in diesem Fall die Verschuldung auf 400 Prozent des BIPs explodieren würde. Nicht nur er weint dem Beispiel Argentinien keine Träne nach. (sulu, as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16./17.7.2011)