Österreich hat eine morbide Neigung, das ist kein Geheimnis. Die großen Söhne bekommen nach ihrem Tod mehr Anerkennung als zu Lebzeiten. Bei Otto Habsburg äußert sich dieser Hang noch deutlicher. Habsburg bekommt ein Begräbnis nahezu so pompös wie zu Blütezeiten der Monarchie. Recht so. Es gibt eine Tradition im tiefkatholischen Haus Habsburg, die sich bei Begräbnissen zeigt. Warum sollte man ihnen das verbieten? Der Tod spielt eben eine wichtige Rolle im Katholizismus. 

Das Herz wird getrennt vom Leichnam bestattet, Requien werden rauf und runter gehalten, Anklopfzeremonie in der Kapuzinergruft - ein Spektakel wie es kein PR-Berater besser erfinden könnte. 

Otto Habsburg wurde so erzogen, als wäre seine kaiserliche Daseinsberechtigung gottgewollt. Die Republik kam dazwischen, das Haus Habsburg musste sich irgendwann damit abfinden, dass Otto niemals Kaiser sein wird. Der Kaisersohn hat sich weltlichen Themen gewidmet und sich als Europapolitiker profiliert. Beide Identitäten gehören zu ihm, beides gehört zum österreichischen Selbstbild. Gerade die österreichische Identität wurde auch 1945 bewusst auf Themen der Monarchie aufgebaut, Tourismus und Kulturorganisationen haben das übernommen. Österreich beruft sich in seiner Identität auf die Monarchie und lebt bis heute davon: Sisi Museum, Kaiserstadt Bad Ischl, kuk Hofzuckerbäckerei.

Wieso soll daher ein Mann, der Habsburg heißt, nicht ein entsprechendes Begräbnis bekommen, wenn seit mehr als sechzig Jahren dieser Name als Werbeträger für Österreich fungiert hat? Wieso sollte er nicht in der Kapuzinergruft bestattet werden, wenn seit Jahrzehnten und Jahrhunderten Touristen genau deswegen hinkommen und sie daher einfach nur Kaisergruft heißt? Wieso soll das Begräbnis nicht als das Spektakel begangen werden und Touristen die Show bieten, wegen der sie nach Österreich gelockt werden. Begraben wir ihn und geben wir den Touristen das Spektakel. Es wird das letzte Mal sein und das ist gut so. Dann bleibt immer noch genügend Zeit für eine ordentliche Aufarbeitung der österreichischen Monarchie. Es gibt Raum zwischen Verkitschung und Verteufelung, der muss befüllt werden. (Marie-Theres Egyed, derStandard.at, 13.7.2011)