Am 1. September 2011 eröffnet Peek & Cloppenburg sein neues "Weltstadthaus" auf der Wiener Kärntner Straße. Am Dienstag fand die offizielle Schlüsselübergabe statt: Horst Clemens, Mitglied der Unternehmensleitung der Peek & Cloppenburg KG, bekam aus den Händen von Porr-Vorstandschef Karl-Heinz Strauß die weiteren Geschicke des von David Chipperfield Architects entworfenen Hauses überantwortet. Porr war Generalübernehmer und leitete das Großprojekt seit Baubeginn im Juli 2009.
Neben der Schlüsselübergabe fand am Dienstag auch eine Segnung des Hauses durch Dompfarrer Toni Faber statt. Mit Weihwasser aus seiner Arbeitsstätte – dem Stephansdom – segnete er "alle, die hier ein und aus gehen". Solche Segnungen von Immobilien kommen bei ihm sehr häufig vor, bekannte er im anschließenden Gespräch mit derStandard.at.
derStandard.at: Kommt es oft vor, dass Sie Geschäfte segnen?
Anton Faber: Ja, es gibt einen regelrechten Boom bei Haussegnungen. Ich erlebe das in den letzten Jahren total oft, und mittlerweile bin ich sogar ein wenig enttäuscht, wenn dann Geschäfte oder Restaurants öffnen, die nicht um eine Segnung anfragen. Ich selbst bin sehr daran interessiert, mich in das Leben in der Stadt auch mit einem Segensgebet und einem wohlwollenden, oft humorvollen Zuspruch mit einzubringen, um ansprechbar zu sein für die Menschen in den verschiedensten Ebenen des Lebens.
derStandard.at: Wie ist das mit Wohnbauten oder privaten Wohnhäuser?
Faber: Auch das natürlich. Erst in der vergangenen Woche habe ich nach einer Taufe ein privates Einfamilienhaus gesegnet, und vorgestern hielt ich eine Bergmesse auf einer Alm, wo ich dann auch die Almhütte gesegnet habe. Also das Segensgebet boomt durchaus – wenn man nur offen genug ist, das zu machen.
Wenn ich einen Würstelstand segne, habe ich natürlich die spöttischen Bemerkungen meiner Kollegen gleich im Ohr: "Du segnest ja alles!" Ich sage dazu: Was heißt segnen? Mit Dankbarkeit das, was wir haben, von Gott in Empfang nehmen und dafür zu bitten, dass unserer Hände Arbeit Erfolg beschieden wird.
derStandard.at: Sie segnen auch Würstelstände?
Faber: Ja. Man lächelt darüber, aber "Bitzinger's Würstelstand" vor der Albertina ist der erste gewesen, und der Bitzinger hat noch einen zweiten beim Prater, den habe ich auch gesegnet. Ich geniere mich nicht dafür, weil ich alle ermutigen will, sich selbst gegenseitig zu segnen. Du sollst Segen erlangen, sodass du zum Segen für andere wirst. Segnen ist genau das Gegenteil von "Granteln" und dem wienerischen Raunzen. Wenn Sie wer "angrantelt", werden sie anders weggehen, als wenn jemand sagt: "Ich wünsche Ihnen das Allerbeste."
derStandard.at: Ist das Segnen auch mit Zuwendungen an die Kirche verbunden?
Faber: Eine Segnung kostet natürlich nichts, und ich junktimiere das auch nicht mit irgendetwas. Es gibt keinen Vertrag, es wird keine Höhe genannt, aber wenn man sich menschlich so entgegenkommt, mit jemandem das Leben teilt, wird derjenige auch mit mir das Leben teilen, wenn ich mit Notleidenden, oder mit Anliegen für den Dom zu ihm komme. Ich spreche also schon das soziale Gewissen der Unternehmer, Eigentümer und Geschäftsführer an. Und es ist nicht zum Nachteil des Stephansdoms oder karitativer Belange der Domkirche.
derStandard.at: Besteht da also sowas wie eine Erwartung ihrerseits?
Faber: Nein, es ist vielmehr eine Frage der Höflichkeit. Wenn ich den Menschen höflich entgegenkomme, traue ich mich auch mit einer Bitte zu ihnen zu kommen, werde aber nicht böse sein, wenn sie das dann nicht so erfüllen. Aber der Erfolg der letzten Jahre gibt mir Recht.
derStandard.at: Nicht alle Kollegen machen das also so freizügig wie Sie?
Faber: Ja, weil sie sagen, man darf nicht anstreifen an die Wirtschaft. Aber selbst Klostergemeinschaften, die sich dem Armutsgelübde verschrieben haben, betreiben manchmal recht erfolgreich Unternehmungen. Ich selbst habe ein Unternehmen mitzuverantworten, das 80 angestellte Mitarbeiter hat. Wenn ich also nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten arbeiten würde, könnte ich meine seelsorglichen und pastoralen Initiativen nicht tragen. Ich habe meinen Domshop und meine über fünf Millionen Dombesucher, die mir Geld bringen, damit ich meinen anderen Aufgaben nachkommen kann. Und wenn ich jetzt zu meinem Wirtschaftsleiter sagen würde: "Du, wir sperren jetzt den Dom, wir wollen tagelang beten", dann sagt der wahrscheinlich: "Ist in Ordnung – und welchen Angestellten kündigen wir zuerst?"
Wir brauchen also beides: Die sieben Gottesdienste am Tag, aber auch touristische Angebote, mit Audioguides, mit Katakombenführungen etc. Als ich vor 15 Jahren Pfarrer wurde, wollte ich die Schneekugel mit dem Stephansdom drin, die mir immer ein Dorn im Auge war, weil sie so kitschig ist, aus dem Sortiment nehmen lassen. Unser Betriebsleiter hat mir dann gesagt: "Wirtschaftlich ist das nicht klug, aber wenn du unbedingt willst, dass unser bestverkauftes Stück aus dem Sortiment genommen wird, könnte ich das machen." Da habe ich dann gesehen: Nein, das touristische Angebot ist ein anderes. Das soll ordentlich sein, aber das darf auch den Bedürfnissen der Leute entgegenkommen. Sissi-Postkarten verkaufen wir allerdings nicht mehr – die hätten im Domshop sozusagen nicht den richtigen Aufstellungsort. Aber die Schneekugel mit dem Stephansdom drin ist anscheinend etwas, was sich ausländische Gäste unbedingt wünschen.
derStandard.at: Wie stehen Sie denn eigentlich zum Begriff "Konsumtempel"?
Faber: Ich nehme das allen sehr gerne ab, die nie solche Geschäfte betreten, keine Bank brauchen und sich nichts zum Anziehen kaufen. Einsiedler, Mönche oder Nonnen, die alles das nicht brauchen - die dürfen davon sprechen. Andere Menschen aber, die dann nach dem Interview dort hingehen und einkaufen, und Christen beschuldigen, sie wären ja nur Konsumenten im Konsumtempel ... das geht nicht.
Man muss sehr klar ethisch beobachten: Was macht Peek & Cloppenburg, was machen andere große Modeketten mit Kinderarbeit, mit Fairtrade und anderem? Wo die Balance halbwegs stimmt, segne ich gerne. Wo ich aber weiß, dass dort Unfug getrieben, auf Lasten der Arbeitnehmer schwerstes Unrecht fabriziert wird – da hätte ich Schwierigkeiten. Das schau ich mir im Vorhinein an. (map, derStandard.at, 12.7.2011)