Kalt und heiß rast der Zorn Shakespeares Figuren durch die Adern, und jede Hoffnung ist vergebens: Die Intrige des Jago stürzt sie alle ins Verderben. Seit Freitag ist Othello in der Regie von Sylvie Rohrer auf der Rosenburg zu sehen. Ein außergewöhnlich schönes Theatererlebnis bietet die Arenabühne. Die Vermeidung einer frontalen Bespielung verleiht Othello große Lebendigkeit. Selbst die Tatsache, dass jeder das Geschehen manchmal nur in Rückenansicht beobachten kann, schmälert den Reiz kaum. Ebenso kommt jeder mehrmals in die Lage, am Bühnenrand gespielte Szenen aus der Nähe zu erleben.

Ein großartiges Ensemble in Marineuniformen und fließenden Kleidern (Kostüme: Angelika Klose) leiht Shakespeares Figuren eindringliche und berührende Stimmen und Gesten. In den Hauptrollen glänzen Nikolaus Okonkwo als Othello und Alexander Waechter als Jago. Ersterer spielt intensiv mit wechselnden Stimmlagen und starkem physischem Ausdruck: von Liebe beseelt zuerst, bevor das Gift der Lügen ihn immer mehr bricht. Der skrupellose Jago wird von Intendant Waechter mit unterkühlter Bedächtigkeit und zurückgenommener Gestik überzeugend dämonisch angelegt.

Marie-Christine Friedrich gibt die zerbrechliche und kindliche Desdemona, Cheryl Shepard die lange zu sorglose Emilia. Emanuel Fellmer spielt den kaum über den Tellerrand blickenden hübschen Cassio, Zwischenapplaus erntete Claudia Kottal als verführerische Bianca. Daniel Feik macht als Rodrigo das Beste aus seiner Nebenrolle. Die Bühne (Gudrun Lenk-Wane), ein gekipptes Vieleck aus rotem Holz, bietet dem Geschehen ausreichend Raum. (zeit, DER STANDARD - Printausgabe, 12. Juli 2011)