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Ein Willkommensschild am Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv.

Foto: REUTERS/Nir Elias

"Nach einiger Zeit entwickelte sich Solidarität in der Zelle. Wir haben uns das Essen geteilt und gesungen." Die 23-jährige Österreicherin Claudia R. wollte im Westjordanland ihre Diplomarbeitsforschung fortsetzen. Doch die israelische Einwanderungsbehörde hat sie deportiert.

Auf einem Air-Berlin Flug von Köln steigt Claudia am 1. Juli, um vier Uhr morgens, in Tel Aviv aus dem Flugzeug. Bei der Passkontrolle erklärt man ihr, sie solle in einen separaten Raum mitkommen. "Bist du bei der Gaza-Hilfsflotte?", wird sie dort gefragt. Nein, erklärt Claudia. Sie sei hier um "Feldforschung" zu machen. Und vorher wolle sie Freunde in Haifa besuchen. "Wir wissen, dass du lügst", erwidert die junge Beamtin. Sie solle zugeben, dass sie Demonstrationen organisiere und eine Aktivistin sei. "Stimmt nicht", sagt Claudia und erklärt ihr, dass sie nur ins Westjordanland wolle um zu forschen. Und das sei ja nicht verboten. Doch die Erklärungen helfen nichts. Die junge Frau der Einwanderungsbehörde nennt sie "Araber-Freundin" und beginnt über Muslime in Europa und deren Gefahrenpotenzial zu reden. Claudia sei in Israel jedenfalls nicht mehr willkommen, heißt es letztendlich.

Sie wird in einen Raum im Keller des Flughafengebäudes gebracht, wo man ihr Gepäck nochmals gründlich durchsucht. Doch als sie ihr den Fingerabdruck abnehmen wollen, verweigert sie. „Doch dann waren sie sehr bestimmt und haben meine Hand genommen", erzählt Claudia. Da habe sie realisiert, dass es keinen Zweck hat Widerstand zu leisten. Immer wieder habe man sie mit denselben Fragen konfrontiert und sie gedrängt zuzugeben, dass sie eine Aktivistin sei, die mit dem "International Solidarity Movement" zusammenarbeitet.

Dieses Netzwerk - kurz ISM - bringt ausländische Aktivisten für politische Aktionen und Demonstrationen in die Palästinensischen Gebiete. Es ist eines der Hauptziele des israelischen Aktivisten-Boykotts. Im März 2010 wurde Claudia schon einmal ausgewiesen. Damals hatte sie jene Feldforschung in Südhebron begonnen, die sie jetzt gerne abgeschlossen hätte. Doch als Aktivistin sieht sie sich nicht. "Ich war zwar mit Leuten von ISM in Kontakt. Hin und wieder war ich auch bei Demonstrationen. Aber ich war nie wirklich aktiv, schon gar nicht Mitglied einer Organisation", erklärt sie. Jedenfalls hat es für die israelischen Behörden gereicht, sie als Aktivistin abzustempeln und auszuweisen. Und es war auch diesmal der vermutliche Grund für ihre Abschiebung. Nach 6 Stunden Verhör und Wartezeit wird sie am 1. Juli gegen 11 Uhr in das Internierungszentrum am Flughafen gebracht.

Zuerst wurde ihr alles außer ihrer Kleidung abgenommen. Ihr Handy konnte sie gerade noch mit hinein schmuggeln. "In der Zelle waren 11 Frauen und ich. Es gab Stockbetten, einen Wasserhahn und eine Toilette im Raum, deren Tür so kaputt war, dass sie immer halb offen blieb", erinnert sie sich. Die meisten Frauen seien moldawische und russische Arbeiterinnen gewesen, die Jahrelang illegal als Pflegekräfte in Israel gearbeitet hatten.

Drei Mal am Tag durften sie zum rauchen hinaus. Die restliche Zeit haben sie geredet oder geschlafen. "Nach einiger Zeit entwickelte sich Solidarität in der Zelle. Wir haben das essen geteilt und gesungen." Oft hätten die Wärter das Licht in der Nacht nicht abgedreht. "Erst nachdem wir gehämmert und gerufen haben, sind sie gekommen und haben es ausgeschaltet", erzählt Claudia und betont, dass es für sie lange nicht so schlimm gewesen sei wie für einige der anderen Frauen. "Weil ich wusste, dass ich einen europäischen Pass, meine Kreditkarte und mein zu Hause habe. Aber eine russische Frau hatte große Angst." Die drei Tage in Gefangenschaft seien auf jeden Fall hart gewesen. Aber auch interessant. "Es war spannend diese andere Seite Israels zu sehen", sagt sie in Bezug auf die Arbeiterinnen und deren Schicksale.

Nach mehr als 60 Stunden in Haft konnte Claudia am 4. Juli um 1 Uhr in der Früh endlich zurückfliegen. Eine ihrer Sorgen hat sich erst an Bord bestätigt. Die ganze Zeit über habe man ihr versichert, dass ihr Rückflug nach Wien und nicht nach Köln gehen würde. Erst als sie im Flugzeug war, habe sie gesehen, dass der Flug doch nach Köln geht.

Ich frage sie, ob das Kapitel Israel-Palästina für sie jetzt abgeschlossen sei. "Naja, mit 10 Jahren Einreiseverbot muss ich mich zwar erst einmal abfinden, aber ich habe auch viele Freunde in Israel und Palästina. Ich hoffe, ich kann irgendwann wieder einreisen."