Leser dieses Blogs wissen, dass ich von einer Finanztransaktionssteuer sehr wenig halte. Nicht aus ideologischen, sondern aus praktischen Gründen: Sie ist leicht zu umgehen und wird dadurch nur einen Bruchteil der Einnahmen bringen, die ihre Befürworter versprechen.

Und sie wird zwar vielleicht zu weniger Finanzgeschäften, aber sicher nicht zu mehr Stabilität im Finanzmarkt führen, was sich ihre Anhänger ebenfalls wünschen. Bezahlen werden sie am Ende alle, nicht nur die Banken und die verhassten Spekulanten.

Aber diese Argumente, die von zahlreichen Ökonomen geteilt werden, stoßen zumindest in Kontinentaleuropa auf taube Ohren. Paris, Brüssel, Berlin und natürlich auch Wien – überall gilt die FTS als das beste Mittel, um schmerzlos Milliarden einzuheben – für die Budgetsanierung, die Entwicklungshilfe oder zuletzt auch für das EU-Budget. Sie ist eine Wundersteuer, die alle Stückl spielt.

Genau deshalb ist die anhaltende Debatte über die FTS so schädlich, schädlicher vielleicht als die Steuer selbst. Die FTS ist der Goldschatz, der angeblich im Garten vergraben liegt und nur gehoben werden muss, damit alle finanziellen Probleme verschwinden. Solange der Schatz dort liegt, ist niemand zu persönlichen Opfern bereit.

Die EU-Kommission kann sie als Joker einsetzen, um sich eine ernsthafte Debatte über die Finanzierung der Union zu ersparen, und jeder Gewerkschafter kann alle Einsparungen und Belastungen erzürnt ablehnen, weil man ja doch zuerst die Finanzmärkte zur Kasse bitten müsste.

Sonst kluge Experten wie Wifo-Chef Karl Aiginger hören bei dem Thema auf, logisch zu denken, sondern geben sich innenpolitisch opportunen Gemeinplätzen hin. Sie geben damit Globalisierungsgegnern von Attac, die als erste die FTS gefordert haben, eine unangemessene Glaubwürdigkeit.

Und ein beschränkter Provinzpolitiker wie der oberösterreichische SP-Chef Josef Ackerl kann tatsächlich fordern, dass Österreich die Griechenland-Rettung torpediert (und damit den Euro gefährdet), um so die Einführung der FTS zu erzwingen.

Aus dieser lähmenden Debatte gibt es nur einen Ausweg: Führt die Steuer in der EU endlich ein und beobachtet, was in den nächsten fünf Jahren geschieht. Die Welt wird an ihr nicht untergehen, auch wenn ein Großteil des Devisenhandels aus Frankfurt und London abgezogen wird und mit großem Aufwand neue Wege entwickelt werden, um sich die Steuer zu ersparen. Das kostet zwar ein paar tausend Arbeitsplätze, aber auch das ist kein Malheur.

Wenn sich am Ende dann herausstellt, dass die Steuer recht selten bezahlt wird und dennoch viele Bankdienstleistungen teurer werden, dann kann man sie wieder abschaffen – so wie in der Vergangenheit schon viele Transaktionssteuern wegen mangelnder Effizienz eliminiert wurden.

Dann hat die Debatte endlich ein Ende.

Leider wird es nicht dazu kommen. Großbritannien und andere EU-Länder werden es verhindern. Und weiterhin können Polit-Größen aus Österreich und anderswo so tun, als ob wir den Milliarden-Lottosechser schon in der Tasche hätten, wenn man ihrer Finanzmarkt- und Steuerexpertise nur folgen würde.