Wien/Brüssel - Im Räderwerk der Eurozone knirscht es gewaltig, was die Maßnahmen zur Stabilisierung des Euros sowie die Kredithilfen für Griechenland und andere exzessiv überschuldeten Länder der Währungsunion betrifft.

Der deutsche Bundestag, das Europäische Parlament, und auch die österreichischen Grünen (auf deren Stimmen die Bundesregierung angewiesen ist, um eine Änderung des EU-Vertrages mit Zwei-Drittel-Mehrheit ratifizieren zu können) drohen unverhohlen damit, einige Beschlüsse zu blockieren, die für weitere Kredithilfen unabdingbar sind.

Treffen am Montag

Am Montag werden die Eurofinanzminister unter Vorsitz des Luxemburgers Jean-Claude Juncker in Brüssel zusammenkommen. Gemessen an dem, was der Zeitplan seit dem EU-Gipfel im März an zu beschließenden Maßnahmen vorgesehen hatte, stehen sie (fast) mit leeren Händen da.

Außer dem Konzept zur Einrichtung eines permanenten Euro-Stabilisierungsmechanismus (ESM), der ab 2013 den derzeitigen (provisorischen) Rettungsfonds (EFSF) ablösen soll, liegt nichts entscheidungsreif auf dem Tisch: nicht jenes Paket von insgesamt sechs Richtlinienentwürfen ("Six-Pack"), die eine viel engere wirtschaftliche Koordinierung und Kontrolle der EU-Länder vorsieht; nicht die Verschärfung des Euro-Stabilitätspaktes, der das Schuldenmachen in Zukunft viel schwerer machen soll; und auch nicht die Aufstockung des EFSF bzw. ein zweites Hilfspaket für Griechenland - Wunsch der deutschen Regierung auf Herbst vertagt. Auch Art und Umfang der Beteiligung von Privatgläubigern hängt nach wie vor in der Luft: Viel mehr als eine vertiefende Debatte dazu wird es nicht geben.

Stresstest-Ergebnisse am 15. Juli

Man wartet jetzt erst einmal, was die (zeitlich überfälligen) Bankenstresstests ergeben. Sie sollen am 15. Juli veröffentlicht werden.

"Sehr enttäuschend", nannte Olli Rehn am Mittwoch den Umstand, dass das Europaparlament die Behandlung des Euro-Gesetzespakets auf September verschoben hat. Jetzt müsse man sich "sehr ins Zeug legen, damit es wenigstens nach dem Sommer abgeschlossen werden kann", so der stille EU-Währungskommissar.

Sein Frust ist kein Zufall: Eine bessere Koordinierung, die Schuldenexzesse verhindert, macht der deutsche Bundestag zur ultimativen Bedingung, bevor er weitere Hilfsmilliarden für die Griechen genehmigen will. Kanzlerin Angela Merkel steht extrem unter Druck. Sie selbst hatte das alles im Herbst 2010 versprochen.

Nun droht eine Situation, dass Deutschland für dutzende Milliarden Euro haftet, aber die politischen Rahmenbeschlüsse auf die lange Bank geschoben werden.

Regierung braucht grüne Stimmen

Das EU-Parlament sagt vorläufig nein: Der Rat wollte auf Druck Frankreichs diktieren, dass es keine automatischen Sanktionen gegen Defizitsünder geben soll und den Abgeordneten bestimmte Informationsrechte verweigert werden. In Österreich blockieren die Grünen. Die Regierung braucht aber deren Stimmen im Nationalrat, damit der EU-Vertrag in Artikel 136 mit Zwei-Drittel-Mehrheit abgeändert werden kann. Nur dann können im ESM dauerhaft Milliardenhilfen an Eurostaaten fließen, was der geltende EU-Vertrag - außer bei Naturkatastrophen - explizit verbietet.

Die grüne Parteispitze hat Freitag jene Drohung offiziell wahrgemacht, die Finanzsprecher Werner Kogler im STANDARD-Gespräch vor einer Woche ankündigte: In einem Brief an Juncker weisen sie darauf hin, dass es ohne entsprechende Begleitmaßnahmen - Inforechte für Parlamente, zwingende private Gläubigerbeteiligung, Einführung von Eurobonds als Zielsetzung - keine Zustimmung zur EU-Vertragsänderung geben wird.

Von Finanzministerin Maria Fekter verlangt Kogler, dass sie im EU-Ministerrat am Montag eine Protokollanmerkung verlangt, sollte es dort doch zur Unterzeichnung des ESM kommen. "Es muss einen Zustimmungsvorbehalt geben", sagte Kogler am Freitag. (Thomas Mayer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9./10.7.2011)