In einem Blumenmeer lässt Benjamin Eichhorn (o. T., 2011) jedes Gefühl von Geborgenheit ertrinken.

Foto: Eichhorn

Wien - Der Kunstraum Niederösterreich in der Wiener Innenstadt hat sich zurzeit dem Thema Heimat verschrieben. Farewell to Longing heißt die Ausstellung, in der zwölf internationale Gegenwartskünstler neue Perspektiven zur Herkunft und dem sonst eher nostalgisch behafteten Begriff der Heimat einnehmen.

Als Besucher betritt man einen Raum, der wie von einem sehnsuchtsvollen Seufzen erfüllt wirkt, der Sehnsucht nach der guten alten Zeit, gespickt mit Erinnerungen an Kindheit und das traute Zuhause: Das Quietschen einer rostigen Schaukel, Omas kitschige Tapeten und Schnappschüsse von Schneegestöbern lassen das Bewusstsein in die Vergangenheit schweifen.

Untermalt von Gequietsche huscht der Schatten eines schaukelnden Kindes über die Wand. Eine Projektion von Zilla Leutenegger, die im Gedächtnis haften bleibt und Spielplatzfreuden in Erinnerung ruft.

Benjamin Eichhorn übertreibt den Blümchenwahn der Großmutter und tapeziert eine gesamte Inneneinrichtung mit Blumenstoff. Exzessiver Gebrauch des schwülstigen Dekors führt weg von vermeintlicher Geborgenheit und hin zur Beengtheit.

Esther-Judith Hinz präsentiert fotografische Eindrücke von einer Erstkommunion, Volkstanz und einer Winterlandschaft und speist damit die Stereotype über die Herkunft, anstatt ihnen entgegenzuwirken.

Der Besucherblick stößt dann an ein zum Gefängnis verdichtetes Gitterbett. Damit vermittelt Künstlerin Eva Kotátková die repressiven Seiten des Heimes.

Kopf gegen die Wand

Eine Reihe von Fotografien zeigt performative Inszenierungen von Conny Habbel. Darin lehnen Personen mit dem Kopf gegen die Wand, liegen starr auf dem Wohnzimmerteppich oder kauern im Badezimmer. Die Atmosphäre wirkt nicht wohlig und besonnen wie in einem gemütlichen Zuhause, sondern trist und kühl. Im Vordergrund steht hier keine glückliche Kindheit, sondern Rückzug, Einsamkeit und Zwang.

Die moderne Perspektive über Heimat wirkt pessimistisch. Schluss mit Sehnsucht und Nostalgie scheint da das Thema zu sein. Manche Werke wirken wie künstliche Fassaden und sind nur der Versuch, Traditionen mit ihrerseits altbekannten Mitteln zu brechen. Da stellt sich nur noch die Frage, wonach einem gelüstet: Nostalgie ade oder Heimat juche. (Kristina Kirova/ DER STANDARD, Printausgabe, 9./10.7.2011)