Herbert Ludl, seit 1984 Vorstandsvorsitzender der Sozialbau AG, sieht eine "beachtliche, beängstigende Zunahme" an Interessenten ...

Foto: Sozialbau

... für seine Neubau-Projekte wie jenes im "Sonnwendviertel" beim künftigen Wiener Hauptbahnhof.

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Mehr als 9.000 Interessenten für eine Wohnanlage mit 170 Wohnungen auf den Aspang-Gründen im 3. Wiener Gemeindebezirk: Die Sozialbau AG musste kürzlich so viele Absagen wie noch nie bei einem einzelnen Wohnprojekt verschicken. Nicht nur daraus sei die "unglaublich dramatische Entwicklung" auf dem österreichischen Wohnungsmarkt erkennbar, erläuterte Vorstandschef Herbert Ludl am Donnerstag. Im Schnitt gebe es heuer bereits 37 Bewerber pro Wohnung - fast doppelt so viele wie im Vorjahr (19).

Die Zahl der Vormerkungen für Neubauprojekte stieg um ein Drittel, sie liegt derzeit bei 43.309. Das sei eine "beachtliche, beängstigende Zunahme", so Ludl - auch wenn man berücksichtige, dass sich die Mehrzahl der Interessenten bei mehreren Bauträgern bewerbe. Und ein gegenläufiger Trend sei auch nicht in Sicht, eher im Gegenteil: Durch den Rückgang der Neubauleistung der Genossenschaften wird sich die Situation in den nächsten Jahren weiter verschärfen. "Auf Wohnungssuchende kommt ein Leidensweg zu", klagte Ludl bei der Präsentation der Sozialbau-Bilanz in Wien. Leerstände gebe es praktisch nicht mehr, und auch die geringe Zahl von Wohnungswechseln - im Vorjahr nur 4,3 Prozent bei der Sozialbau - seien Indikatoren für die Enge am Markt, die den Wohnungssuchenden vermehrt zu schaffen mache.

Neun Prozent weniger Wohnungen gebaut

Die Sozialbau AG hat im Vorjahr um 13 Prozent weniger in den Neubau investiert, bei der Zahl neuer Wohnungen bedeutete dies einen Rückgang um neun Prozent auf 1.266. Heuer dürften noch einmal um 150 bis 200 Wohnungen weniger im Baustadium sein. An die Mieter übergeben wurden im Vorjahr 462 Wohneinheiten.

Auch in die Sanierung wurde um 14 Prozent weniger investiert, nämlich 22 Millionen Euro. Allerdings habe man hier langsam "den Gipfel erreicht", nachdem die Sozialbau seit längerem ihre Altbau-Wohnungen bei Bewohner-Wechseln sukzessive auch innenseitig auf Neubau-Standard trimmt. Im Vorjahr war dies bei 348 Altbau-Wohnungen (älter als 14 Jahre) der Fall, Sanierungen wurden an Häusern mit insgesamt 1.517 Wohnungen durchgeführt.

Schuld an der Neubau-Misere ist für Ludl nur teilweise die drastisch zurückgefahrene Wiener Wohnbauförderung (und damit auch die von der Sozialbau oft in Anspruch genommene "Superförderung"); auch die Situation am Grundstücksmarkt sei alles andere als zufriedenstellend. Um die in der Wiener Wohnbauförderung festgeschriebenen Höchstgrenze von 230 Euro pro Quadratmeter Baugrund (darüber verliert der Bauträger die Wohnbauförderung, Anm.) bekomme man "nicht einmal mehr einen Acker in Floridsdorf", so Ludl lakonisch.

"Größer als Klagenfurt"

Aktuell verwaltet die Sozialbau 47.072 Wohnungen, davon 39.387 Miet- und Genossenschaftswohnungen sowie 7.685 Eigentumswohnungen. Mit den 120.000 betreuten Menschen sei man damit "deutlich größer als Klagenfurt", so Ludl. Hinzu kommen 27.167 Garagen- und Abstellplätze für Pkw sowie 508 Geschäftslokale. Insgesamt verwaltet die Sozialbau 3,5 Mio. m2 und ist damit der größte private Hausverwalter des Landes.

Die durchschnittliche Miete bei der Sozialbau beträgt 3,51 Euro pro Quadratmeter. Im Vergleich zur derzeitigen Wiener Richtwertmiete von 4,91 Euro würden sich die Mieter insgesamt 34 Millionen Euro pro Jahr ersparen, so Ludl.

Freuen dürfen sich 86 Prozent der Sozialbau-Haushalte auch wieder über eine Rückzahlung bei den Betriebskosten. In Summe werden 5,4 Millionen Euro an die Mieter refundiert, durchschnittlich 152 Euro pro Mietvertrag - diese Summe wird von der August-Miete automatisch abgezogen.

Umsätze legten zu

Die Umsätze der Sozialbau AG stiegen im Vorjahr um vier Prozent auf 40,8 (39,1) Mio. Euro. Davon resultierten als größte Brocken 22,4 (20,9) Mio. Euro aus den Mieten und 15,3 (15,9) Mio. Euro aus der Betreuungstätigkeit. EGT und Jahresüberschuss stiegen auf 10,7 (9,64) Mio. Euro, der Bilanzgewinn schrumpfte dagegen auf 5,18 (6,23) Mio. Euro. Das Eigenkapital stieg laut Ludl auf 127,7 Mio. Euro und die Eigenkapitalquote auf 41,4 Prozent.

Die Bilanzsumme der Sozialbau AG wuchs auf 439 (425) Mio. Euro und samt den drei Genossenschaften im Sozialbau-Verbund auf 2,293 Mrd. Euro. Ludl: "Wir errichten mehr neu als wir abschreiben, nur so kann es das Wachstum geben." (map, derStandard.at, 7.7.2011)