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Jugendliche essen in einem Zentrum für benachteiligte Kinder in Berlin. Jedes vierte deutsche Kind müsse ohne Frühstück in die Schule gehen, kritisiert die Uno in einem neuen Bericht.

Foto: Reuters/Peter

Ein Bericht der Vereinten Nationen (UN) stellt der Sozialpolitik in Deutschland ein miserables Zeugnis aus.

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Ist wirklich Deutschland gemeint? Das fragt man sich gelegentlich bei der Lektüre des Berichts des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) zur Lage in der Bundesrepublik. "Tief besorgt" sind die UN-Experten ob der Zustände in der Bundesrepublik. Niedergeschrieben haben sie in dem Papier die "abschließenden Beobachtungen" einer Tagung, die im Mai in Genf stattgefunden hat. Aus dem Text zitierte jetzt der Berliner Tagesspiegel. Bei dieser Tagung nahmen sowohl die deutsche Regierung als auch Nichtregierungsorganisationen wie Attac oder "Brot für die Welt" Stellung.

Es gibt kaum eine Gruppe, die der Bericht auslässt. Besonders gravierend ist für die UN-Experten, dass in Deutschland 25 Prozent der Kinder ohne Frühstück in die Schule gehen. "Das Komitee mahnt den Staat zu gewährleisten, dass Kinder, insbesondere von armen Familien, mit ausreichenden Mahlzeiten versorgt werden" , heißt es. Kritisiert wird auch, dass zu viele Kinder aus sozial schwachen Familien keinen Schulabschluss haben. Auch gewähre die monatliche Grundsicherung von 365 Euro für Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger (Hartz IV) "keinen angemessenen Lebensstandard" .

Ein Dorn im Auge sind den UN auch Pflegeheime. Deutschlands Bemühungen, für ausreichend qualifiziertes Personal und angemessene Standards zu sorgen, seien "unzureichend" . Auch würden Asylwerber nicht angemessen sozial und gesundheitlich versorgt werden, müssten in mangelhaften Unterkünften leben und hätten nur beschränkten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt.

Die UN rügen außerdem die Benachteiligung von Frauen und Behinderten auf dem Arbeitsmarkt, - auch, dass Arbeitslose "jeden zumutbaren Job" akzeptieren oder unbezahlte Arbeit für die Kommunen leisten müssen. Zudem sei die Arbeitslosenrate im Osten, trotz aller Gegenmaßnahmen, immer noch doppelt so hoch wie im Westen des Landes.

Die deutsche Bundesregierung will die Kritik so nicht auf sich sitzen lassen. Der Bericht sei "in weiten Teilen nicht nachvollziehbar und auch nicht durch wissenschaftliche Fakten belegt" , erklärte eine Sprecherin von Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch. Das Pensionssystem sei demografiefest, Kindergärten und Ganztagsschulen baue man derzeit aus, auch das Bildungspaket entfalte seine Wirkung. Durch dieses haben 2,5 Millionen Kinder von Geringverdienern und Sozialhilfeempfängern seit Jänner Anspruch auf Zuschüsse zu einem warmen Schulessen. Auch Kosten für Schulausflüge und Beiträge für Vereine werden vom Staat übernommen. Die Betroffenen nutzten die Leistungen zunächst kaum, weil sie zu wenig informiert waren. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 7.7.2011)