Franz Graf: Friedhofskreuze auf Holzpaletten.

Foto: Oliver Ottenschläger / BAWAG Contemporary

Wien - Wo Eros, da auch Thanatos: Franz Graf ist in dieser Hinsicht ein österreichischer Künstler par excellence. In seiner Ausstellung bei Bawag Contemporary häufen sich die Kruzifixe, und auch in puncto Sex wird der 1954 geborene Künstler deutlich. Grafs Handschrift ist unverkennbar: Seit Jahren arbeitete er in Schwarz-Weiß, verbietet seiner Kombination von Grafik und Malerei jedwede Farbgebung. Organische und geometrische Muster kreuzen sich dort mit Typografie, etwa Buchstaben in Frakturschrift, wobei Graf neben Porträts und Abstraktionen auch reinen Wortbildern zugeneigt ist.

Mit Kunstfotos von Bondage, dieser Form lustvoller Fesselung, wurde der Japaner Nobuyushi Araki bekannt. Auch Graf schnürt auf seinen neuen Bildern Frauen ein. Der Künstler war nicht durch Zufall 2003 bei der Ausstellung Phantom der Lust über Sadomasochismus in der Neuen Galerie Graz vertreten. Die Gesichter der weiblichen Figuren, deren Brüste provokant herausgepresst sind, werden oft von Kreuzen überlagert oder gar oral penetriert. Zusätzlich führt Graf ein Spiel mit Masken ein, konkret durch schwarze Tierlarven in einer Vitrine und indirekt mittels Übermalungen.

Eines der neuen Wortbilder titelt Purga - eine Anspielung auf das Purgatorium, das Fegefeuer? Religiöse Objekte kommen durch alte Friedhofskreuze in die Schau, die auf Holzpaletten liegen. "Hier ruhen die Familien Schleps Pranzlberger sanft" erinnert feine Silberschrift auf einem der Kruzifixe. Wie so oft, bringt Graf hier wieder Landflair seiner Wahlheimat Waldviertel in die Ausstellung.

Die echten Kreuze könnten aber auch als subkulturelle Anspielungen gelesen werden. Ein Hauch Gothic lag schon über früheren Installationen, etwa durch ausgestopfte Raben. Grafs Mustermalerei ist bisweilen nicht weit von Tattoo-Ornamentik entfernt. Nun nähert sich der Künstler einer sündigen Form der Erotik, die ihre Fetische, Riten und Codes hat. Dabei zeigt er wenig Interesse für SM-Spielarten; er isoliert und wiederholt lieber das Motiv der eingeschnürten Brüste.

Wie Graf seinen Fetischfrauen ihre Persönlichkeiten nimmt, bleibt zwiespältig. In Verbindung mit kirchlichen Symbolen irritiert diese bildliche Zurichtung. Er folgt hier einem künstlerischen Sadotrieb, der schon bei Surrealisten wie Hans Bellmer oder Salvador Dalí aufgetaucht ist.

Bleibt noch das Kettenhemd, das am Beginn der Schau von der Decke hängt: Vielleicht tritt Graf ja bei seinem Konzert am 24. August darin auf - ob als Ritter oder als Folterknecht, wird sich zeigen. (Nicole Scheyerer, DER STANDARD - Printausgabe, 7. Juli 2011)