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Selbst die Schuldenkrise rund um Griechenland hält die EZB nicht von einem Zinsschritt ab.

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Frankfurt - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins um 0,25 Punkte auf 1,5 Prozent angehoben. Die Zinserhöhung sei wegen aufwärts gerichteter Inflationsrisiken erfolgt, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. Zudem sei die Liquiditätsversorgung im Währungsraum immer noch hoch. Trichtet bezeichnete die breite Geldversorgung als Inflationsrisiko. Ein Risiko für die Preisstabilität sind auch die Energiepreise.

Auch nach der Zinserhöhung sei die Geldpolitik akkommodierend, also wachstumsstützend. Die Zinsen seien nach wie vor niedrig. Die EZB werde alle Entwicklungen "sehr genau" beobachten.

Jüngste Konjunkturdaten deuteten unterdessen auf ein etwas geringeres Wachstumstempo im Währungsraum hin, sagte Trichet. Dennoch sei die zugrunde liegende Entwicklung immer noch positiv. Die Unsicherheit sei aber immer noch hoch. Zuvor hatte die Notenbank den Leitzins zum zweiten Mal nach der Finanz- und Wirtschaftskrise angehoben. Nach dem Zinsschritt um 0,25 Punkte liegt das Zinsniveau nun bei 1,50 Prozent. Experten rechnen mit der nächsten Erhöhung im Herbst.

Höhere Zinsen bei heimischen Banken

Die Zinsanhebung ist von den heimischen Banken zum Teil schon vorweg genommen worden, andere gehen aktuell nach oben.

Die Erste Bank wird den Zinsschritt bei den Sparbüchern an ihre Kunden weitergeben, die Kreditzinsen im Neugeschäft werden unverändert belassen, so die Bank. Sparprodukte mit variablen Zinssätzen werden per 15. Juli um einen Viertelprozentpunkt angehoben. Bereits per 1. Juli gibt es um 0,25 Prozentpunkte mehr Zinsen für Kapitalsparbücher mit fixer Laufzeit.

Die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien (RLB NÖ-Wien) hat nach eigenen Angaben die Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank größtenteils schon vorher "eingepreist". Derzeit sei nichts weiteres geplant, sagte eine. Die Zinsen beim Onlinesparen wurden am 1. Juli um 0,25 Prozentpunkte erhöht, beim Prämiensparen ging es schon am 27. Juni um 0,375 Prozentpunkte nach oben.

Bei den Kreditzinsen gebe es wie schon seit Jahren keine pauschale Erhöhung, sagte die RLB-Sprecherin auch stellvertretend für die Branche, hier richten sich die Sätze nach dem tagesaktuellen 3-Monats-Euribor bzw. nach den Zinsgleitklauseln. Bei den Kundenkrediten spielt der Stichtag eines EZB-Zinsentscheids somit eine immer geringere Rolle.

Die Bank Austria erhöht die Einlagenzinsen jetzt mittels eines neuen Kapitalsparbuchs, das für 9 Monate mit 1,8 Prozent verzinst ist. Andere Spar-Produkte wurden seit Juni schon höher verzinst. Bei den Kreditzinsen gibt es keine anlassbezogene Erhöhung, hier werden tagesaktuelle Änderungen auch bei der UniCredit-Tochter laufend eingepreist.

Kritik von AK und WKÖ

Die Anhebung des Leitzinses ist allerdings auch auf Kritik von Arbeiterkammer (AK) und Wirtschaftskammer (WKÖ) gestoßen. Der Zinsschritt "heizt die negative Spirale für die hoch verschuldeten Länder weiter an", gab AK-Präsident Herbert Tumpel zu bedenken. Er warnte: "Wer die Inflation bekämpfen will, soll nicht die Schulden teurer machen." Stattdessen sollte die EU die "preistreiberische Spekulation mit Rohstoffen stoppen, für mehr Kaufkraft sorgen und die Verursacher der Finanzkrise zur Kassa bitten, zum Beispiel mit einer Finanztransaktionssteuer".

Auch WKÖ-Chef Christoph Leitl zeigte sich enttäuscht. "Die Europäische Zentralbank mahnt zu Recht eine Konsolidierung der Staatshaushalte im Euroraum ein. Mit Zinserhöhungen erschwert sie aber die Konsolidierungsbestrebungen der Euro-Staaten", mahnte Leitl. Bei den Unternehmenskrediten könnte die Umsetzung von Basel III zu einer Erhöhung der Zinsen in der Europäischen Union führen. Leitl fordert daher, dass dieser Faktor stärker von der EZB berücksichtigt werde. Er fürchtet auch Zweitrundeneffekte, sprich Lohnerhöhungen, um den Zinsanstieg auszugleichen.

Kein Krisenmodus mehr nötig

Für den Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und EZB-Rat Ewald Nowotny war die heutige Leitzinsanhebung - wenn auch mit Blick auf anhaltende Inflationsrisiken - vor allem darin begründet, dass der Aufschwung in Europa gesichert und selbsttragend sei, auch wenn es sehr starke Unterschiede zwischen den Staaten gebe.

Daher sei es nicht mehr erforderlich, beim Leitzins auf einem Krisenniveau von rund 1 Prozent zu bleiben, so Nowotny. Es sei keine Notwendigkeit mehr, beim Zinssatz im Krisenmodus zu verharren: "Der Krisenzinssatz ist weg".

Zugleich sei im EZB-Rat aber betont worden, dass die jetzige Entscheidung nicht bedeute, dass damit ein automatischer weiterer Zinsanstieg inkludiert sei. Vielmehr werde sich die weitere Zinsentwicklung aus den jeweiligen Erfordernissen ergeben. Bei der Inflation gehe die EZB davon aus, "dass wir 2012 wieder in die Nähe der 2 Prozent kommen", also ein Rückgang der Teuerungsrate gegenüber 2011 erfolgt. Fakt sei aber, "dass wir diese Entwicklung weiter sehr genau beobachten". (APA/red)