Im jahrelangen Streit um nationale Verbote beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen (GMO) hat das Europäische Parlament am Dienstag in Straßburg eine für Österreichs Haltung erfreuliche Entscheidung getroffen. Es stimmte mit Mehrheit für einen Gesetzesvorschlag, der es den EU-Staaten erlaubt, selbst darüber zu entscheiden, ob sie GMOs zulassen wollen oder nicht, wenn es Risken für die Umwelt sieht.

An sich ist das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen EU-weit in einem einheitlichen Verfahren geregelt. Für die Überprüfung von Anträgen gibt es ausführliche Regeln, ob ein Anbau Gefährdungen bringen kann. Die EU-Agentur für Nahrungsmittelsicherheit wacht über das Verfahren.

Da sich einige Mitgliedstaaten, wie Österreich und Luxemburg, gegen den GMO-Anbau trotz Klagsdrohungen der EU-Kommission - es stand eine Verletzung der Binnenmarktregeln im Raum - wehrten, kam es zu einem Moratorium in dieser Frage.

Das EU-Parlament hat nun die rechtliche Grundlage für GMO-Entscheidungen verbreitert, um hier mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Demnach sollen die Länder bei Verboten Umweltgründe und auch regionale und lokale Bedenken berücksichtigen können.

Ob die Regelung am Ende hält, muss sich nun neuerlich in Verhandlungen mit dem Ministerrat der Staaten erweisen. Fachabgeordnete wie Eva Lichtenberger (Grüne) oder Richard Seeber (VP) befürchten, dass der Rat auf Druck Frankreichs (es ist für völlige Freigabe von GMO) blockiert.

In Detailbereichen wird es ohnehin Nacharbeit geben müssen, etwa um zu klären, wer haftet, sollten in Grenzgebieten zwischen EU-Staaten gentechnisch veränderte Organismen "überspringen". Aus Sicht der EU-Parlaments sollte das aber am Prinzip nichts mehr ändern, dass jedes EU-Land selbst entscheidet.

Eine weitere Entscheidung im Lebensmittelbereich steht in Straßburg heute, Mittwoch, bei der Kennzeichnungspflicht bevor. Damit sollen unter anderem Imitate klar ausgewiesen sein. Konsumenten sollen auf Produkten Werte wie Energie, Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Proteine und Salz tabellarisch aufgelistet bekommen. Wie bei Rindfleisch soll es in Zukunft auch bei Geflügel, Schwein, Schaf und Ziege Herkunftsbezeichnungen geben. Aber viele Details dürften weiter offenbleiben. (Thomas Mayer aus Straßburg, DER STANDARD, Printausgabe, 6.7.2011)