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Gold scheint politisch korrekt zu werden.

Foto: Reuters/Niesner

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Grafik: APA

Wien - Im Raum stehende Staatspleiten, Inflationsgefahr, Schuldenkrise: Die Finanzwelt ist seit geraumer Zeit reich an Fragen. Deswegen wird Gold nach Meinung der Erste Group weiterhin glänzen. Das Edelmetall bleibt laut Erste-Goldexperte Ronald Stöferle eine der richtigen Antworten in Zeiten anhaltender Unsicherheit: „Die Chance nach oben ist wesentlich größer als das Risiko eines Absturzes." Stöferle bleibt anlässlich der Präsentation seines Goldreports zuversichtlich, dass die „Vertrauenserosion den sicheren goldenen Hafen" stärkt.

1.600 US-Dollar, das kurzfristige Ziel, das Stöferle im vergangenen Jahr für das Edelmetall formulierte, wurde knapp um 20 US-Dollar verfehlt. Das bereits vor drei Jahren formulierte Langfrist-Ziel von 2.300 US-Dollar könnte sich aus heutiger Sicht sogar als konservativ erweisen, so Stöferle. Seit dem ersten Spezialreport Gold vor fünf Jahren hat der Goldpreis eine Steigerung von 140 Prozent geschafft: "Damit haben sich im Nachhinein gesehen meine Annahmen von damals mehr als bestätigt", so Stöferle. Das nächste Zwölf-Monats-Ziel formuliert der Gold-Experte mit 2.000 US-Dollar.

Er sieht eine steigende monetäre Bedeutung des Edelmetalls und klare Anzeichen für einen weiteren Aufwärtstrend: „Gold scheint politisch korrekt zu werden." Zentralbanken rund um den Globus halten Gold weiterhin als zentrale Reserve und im Vorjahr wurden erstmals seit zwei Dekaden Nettozukäufe getätigt. Auch die anhaltende Diskussion um eine Rückkehr zum Goldstandard - eine solche hält Stöferle zurzeit für ausgeschlossen - schlage positiv zu Buche. Aufgrund der monetären Stimulusmaßnahmen der vergangenen Jahre geht Stöferle davon aus, dass der Wechselkurs zwischen Gold und Papiergeld weiter steigen wird.

Gold bleibt gute Unterlage fürs Portfolio

Im Jahr 2000 belief sich die Investmentnachfrage bei Gold auf knapp 4,8 Prozent der Gesamtnachfrage, 2010 waren es bereits fast 40 Prozent. Dies ist nach Meinung des Erste-Group-Experten eine klare Trendwende und markiert eine neue Phase des Bullenmarktes. Stöferle geht davon aus, dass vor allem institutionelle Investoren für steigende Nachfrage sorgen und einen „Gold-Bullenmarkt" prägen werden. Gerade für Versicherungen und Pensionsfonds sei Gold eine gute Unterlage fürs Portfolio, nachdem die Korrelation zu Aktien und Anleihen eher gering sei.

Gold wurde in seiner 6000-jährigen Geschichte niemals wertlos, erinnert Stöferle. Nach seiner Ansicht eigne es sich so gesehen weiterhin als exzellente Absicherung gegen Worst-Case-Szenarien. Außerdem besteht eine enge Beziehung zwischen Goldpreis und Vertrauen. Ein fallender Goldpreis müsste mit steigendem Vertrauen und einer Stabilisierung der Märkte einhergehen. Weil man davon noch weit entfernt sei, sei also weiter ein exzellentes Chance-Risikoverhältnis für Gold zu erwarten.

Verschuldungskrise

Einen weiteren Indikator für ein perfektes Umfeld für Gold sieht der Erste-Analyst in der ungelösten Frage der Überschuldung vieler Staaten. Das Realzinsniveau werde deswegen wohl noch längerfristig niedrig bleiben. Auswege aus der Schuldenfalle sieht Stöferle nur wenige: Einerseits das "Herauswachsen", ähnlich wie die USA nach dem zweiten Weltkrieg, oder anderseits drastische Ausgabenkürzungen und eine rigide Haushaltskonsolidierung wie beispielsweise in den 90e- Jahren in Skandinavien. Zu den schmerzlicheren Varianten zählen massives Anheben der Steuerquoten, Inflationierung, eine Währungsabwertung oder letztendlich Staatsbankrott. Gold würde wohl in praktisch all diesen Szenarien profitieren, ist Stöferle überzeugt. Zuletzt bleiben noch so banale Treiber wie die steigende Nachfrage in den Emerging Markets. Hier sind China und Indien die treibenden Kräfte. Die traditionell hohe Goldaffinität und der steigende Wohlstand in diesen Ländern werden die hohe Nachfrage langfristig unterstützen.

Keine Blase in Sicht

Im Gegensatz zu anderen Experten sieht Stöferle weiterhin keine Blase. Ganz im Gegenteil. Von einer solchen sei man weit entfernt. „2010 wurden weniger Goldmünzen verkauft als zum Beispiel vor dem gefürchteten Y2K-Bug." (Anm.: Der befürchtete Zusammenbruch der Computersysteme zur Jahrtausendwende, der nie eingetreten ist.) Gold im Portfolio empfiehlt der Experte im Ausmaß von fünf bis zehn Prozent des Gesamtvermögens. „Wer an den totalen Zusammenbruch glaubt, deckt sich mit physischem Gold ein. Das tun wir natürlich nicht. Es empfehlen sich also durchaus auch Aktien". Was die avisierte 2.300er-Marke betrifft, so ließen historische Vergleiche auch deutlich höhere Preis-Sphären realistisch erscheinen. Gold wird immer stärker als Geld oberster Güte betrachtet und immer weniger als Rohstoff gesehen. (Regina Bruckner, derStandard.at, 4.7.2011)