Wer sich Kobarid über Tarvis nähert, erhält kurz vor der italienisch-slowenischen Grenze einen ersten Eindruck davon, was in rund 50 Kilometern zum naturgegebenen Programm wird: Alles so schön bunt hier!

Auf 1100 Metern Seehöhe breitet sich der Lago del Predil aus. Der helle Sand lässt das Wasser am Ufer maledivensmaragdgrün erscheinen. Mit zunehmender Tiefe verdunkelt sich das Setting am Wasser, sodass in der Mitte sattes Marineblau im Licht der Sonne glitzert. Wem das zu kitschig ist, der dreht besser schnell wieder um, es wird schlimmer.

Die Straße schlängelt sich durch Wald und Wiesen, den Blick auf die tuchentweißen Abhänge des Triglav-Nationalparks freigebend oder - jetzt nach unten schauen! - auf einen pastellgrünen Strich in der Landschaft, der aus dem Dunkelgrün der Mischwälder heraussticht. Es ist dies die unvergleichliche Soča, die ihre Farbe dem Kalkboden verdankt, über den sie fließt, und die jeden Besucher entzücken muss: Sollte es tatsächlich den paradiesischen Fluss geben, in dem Milch und Honig fließen, dann muss er so aussehen.

Die Soča führt schließlich ans Ziel des Ausflugs, nach Kobarid. Das kleine Städtchen vereint alpinen und mediterranen Charme mit slowenischer Zurückhaltung: Die Gäste kommen zum Fliegenfischen, Raften und Kajakfahren. Den Platz säumen das Hotel Hvala, ein paar Gostilnas, eine Bar.

Grausamer Isonzo

Oberhalb thront malerisch die St.-Antonius-Kirche. Das Wahrzeichen erzählt ein tragisches Kapitel jüngerer Geschichte: Das größte Beinhaus italienischer Soldaten, die während des Ersten Weltkriegs auf slowenischem Gebiet gefallen sind, befindet sich hier auf dem Hügel. Kobarid war zentraler Schauplatz der Isonzoschlacht 1917. Mit unfassbarer Grausamkeit metzelten sich Soldaten aus Italien und Österreich-Ungarn in zwölf Schlachten zwischen Juni 1915 und Oktober 1917 gegenseitig nieder. Die Eingänge der Untergrundschächte, die in den Berg gehauen wurden, um den Feind zu überlisten, sind stumme Zeugen des Irrsinns.

Doch zurück ins Reich der Sinne: Südlich von Kobarid führt die Straße Richtung Osten. Staro Szelo liegt am Ende einer Lindenallee. Wer durchfährt, taucht in dunkelgrünes Licht ein. Am Ende des Tunnels liegt - für Freunde von Kulinarik und Hotellerie - das sinnliche Highlight der Region: Hisa Franko.

Erstmals erwähnt wurde das Haus 1867. Damals war es ein Bauernhaus mit kleinem Restaurant und einer Mühle. Während des Ersten Weltkriegs diente es als Hospital. Der Legende nach ließ sich hier unter anderem Ernest Hemingway verarzten. Franko Kramar erwarb das Haus in den 1970ern und gab ihm seinen Namen.

Vor elf Jahren überließ er Sohn und Schwiegertochter den soliden Gastbetrieb. Ana Ros und ihr Mann Valter Kramar hatten Träume. Valter ist gelernter Sommelier und kümmert sich um Catering, Service, Wein- und Käsekeller. Ana ist Chefin der Küche. Sie absolvierte die Universität für internationale und diplomatische Wissenschaften in Triest. Sie spricht Englisch, Italienisch und Französisch fließend.

Sie wollten Hotellerie und Gastronomie auf höchstem Niveau, Spitzenküche, beste Weine, stylisches Wohnen, stimmiges Flair. "Aber wir hatten kein Geld", erzählt Ana. Eine Leidenschaft verbindet die Familie: "Immer wenn wir welches hatten, gaben wir es für gutes Essen aus", sagt Ana.

Ihre Küche bietet exquisite Kreationen von Tomatengelee über Austerneis bis zu Rehbraten in Schokosauce. "Ich verfolge bei meinen Speisen ein feminines Konzept: Die Gerichte sind leicht, mit erkennbarem Geschmack, vielen Kräutern und Gewürzen."

So weit zu kommen brauchte Geduld und Spucke. Nach und nach renovierten sie das Haus, ließen sich beim Speiseraum von marokkanischem Rot-Orange inspirieren. Neben Restaurant gehören Weinkeller, Kräutergarten und zehn geräumige Zimmer zum Haus.

Gespür fürs Exklusive verbindet die Familie: Anas Vater, im Hauptberuf Internist, betreibt wenige Kilometer von Staro Szelo auf knapp 1000 Meter die hochwertige Ferienanlage Nebesa. Zu beziehen sind topdesignte Häuser mit Tiefblick auf die Soèa. Nebesa heißt auf Deutsch "Himmel": In Slowenien ist er bunt. (Doris Priesching/DER STANDARD/Printausgabe/02.07.2011)