Medienkunst auf TW1: Aus "blood & tears" von Richard Kriesche.

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Peter Schöber, Chef des für Oktober geplanten ORF 3.

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Wien - "Quotenlüge", "Sendeplatzlüge", "Gebührenlüge": So rebellierten die Kulturredakteure des ORF gegen ihre Anstaltsleitung, als die 2002 die "Kunst-Stücke" ganz einstellte. Mit ihnen der Kulturrat Österreich, Gewerkschaft, Galerienverband, Film-Dachverband und viele mehr.

Ihnen könnten ORF-General Alexander Wrabetz und Senderchef Peter Schöber Montagabend sentimentale Freude bereiten, wenn sie den Kultur- und Infokanal ORF 3 präsentieren. Das Revival einer Art "Kunst-Stücke" ist im Spartensender Thema.

Kulturinitiative kommt immer gut im Stiftungsrat des ORF, der am 9. August den nächsten ORF-General wählt, der wieder Wrabetz heißen soll. Mit der Präsentation (und einer von "Universum" am Dienstag) macht der ORF zudem auf den Medienseiten einem Auftritt von RTL-Boss Gerhard Zeiler Dienstag in Wien Konkurrenz. Dabei will Zeiler nach seiner Absage für die Generalswahl zum ORF lieber schweigen.

Kunst auf TW1

Schon die noch gebührenfreie ORF-Tochter TW1, aus der ORF 3 entsteht, gibt Kunst Raum: Die Sendung gleichen Namens zeigt etwa Joseph Marsteurers "peinture en route", Sepp Dreissingers "Minutenporträts", Tobias Hermelings Videoarbeit zur "Johannespassion", Oskars Stockers "Facing Nations" entstand im Auftrag des ORF.

"Die Kunst-Stücke sind der einzige ORF-Programmplatz, der innovativen künstlerischen Fernsehformaten jenseits inhaltlicher und formaler Konventionen offen steht und der die Produktion und Ausstrahlung ästhetisch riskanter Projekte im ORF ermöglicht": So beschwerten sich Kulturverbände über das Ende der "Kunst-Stücke" im ORF, die damals freilich schon zur Kabarett- und Kaufserienfläche mutiert waren. Wie einst gelobt, könnte die Neuauflage auf ORF 3 aussehen. Beim Kommunikationssenat blitzte die Beschwerde 2002 ab.

Das erwartet der ORF nun auch für den Einspruch der Wettbewerbsbehörde gegen ORF 3, wo die "Kunst-Stücke" aufleben sollen. Im Juli soll der Senat entscheiden. Ganz sicher ist sich der Küniglberg offenbar nicht: Nach STANDARD-Infos sucht die ORF-Spitze Kontakt mit der Behörde, die Woche sollen Gespräche über ORF 3 stattfinden.

Vollprogramm werde suggeriert

Die Behörde stößt sich etwa am Namen, der ein Vollprogramm suggeriere. Schon im Publikumsrat sagte Wrabetz, er bestehe auf ORF 3 - ergänzt um "Kultur und Information". Auf dem TV-Schirm ist das ohnehin unkenntlich.

Am 2. Oktober soll der Kanal starten, programmatisch mit "Sonntagskultur" mit Barbara Rett und wöchentlich einer von 22 Mozart-Opern. Samstags programmiert Schöber Zeitgeschichte und Heiterkeiten aus dem ORF-Archiv, montags Dokus, Mittwoch Religion und Wissenschaft (Kreuz & Quer-Wiederholung im Hauptabend), Donnerstag Politik, etwa Raimund Löws "Talk Inside Brüssel", freitags Kultur (wieder mit Rett) und österreichischem Film, dienstags Kultur, wiederholt vom Montag, dazu Künstlergespräche Retts aus der Linzer Voest und Kultur im weiteren Sinn: Karl Hohenlohes Altwarenkunde in "Was schätzen Sie?" Da überraschen Experten des Dorotheum auch Hohenlohe: Wie schnell er ein ererbtes Elfenbeinkreuz wieder an sich nimmt, als er dessen stolzen Preis erfährt, fällt hoffentlich nicht noch dem Schnitt zum Opfer. (fid/DER STANDARD; Printausgabe, 4.7.2011)