Bild nicht mehr verfügbar.

Das ukrainische Brüderpaar Witali (links) und Wladimir Klitschko mit dem Familiensilber, also den WM-Gürteln von fünf Boxverbänden. Vier davon nennt Wladimir seit Samstagnacht sein Eigen.

Foto: Reuters/Pfaffenbach

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Eindrücke vom Fight in der Ansichtssache.

Foto: Reuters/Pfaffenbach

Hamburg - "Wir hatten Haye aggressiver erwartet. Wir dachten, dass er eine Bombe nach der anderen wirft", sagte Emanuel Steward (67), der legendäre US-Coach von Wladimir Klitschko (35), nach dem Sieg gegen David Haye (30). Steward kritisierte nach dem Kampf vor 45.000 Zusehern im Hamburger Fußballstadion aber auch seinen Schützling: "Wladimir hätte öfter schlagen müssen." Jedenfalls fiel der Punktesieg deutlich und einstimmig aus - 117:109, 118:108, 116:110.

Womit das Familien-Imperium der Klitschkos nun fünf Schwergewichts-WM-Titel besitzt in der unübersichtlichen Welt des Profiboxens, in der so viele Verbände ihre eigenen Suppen kochen. Wladimir holte sich von Haye den Gürtel der World Boxing Association (WBA). Zuvor hatte er schon die Titel der International Boxing Federation (IBF) und der World Boxing Organisation (WBO) und der weniger bedeutenden International Boxing Organisation (IBO) gehalten. Witali Klitschko (39) ist Weltmeister des World Boxing Council (WBC).

Die WBA, 1962 aus der 1921 gegründeten National Boxing Association (NBA) der USA hervorgegangen, ist der älteste der vier großen Verbände. Oppositionelle der WBA, die die lateinamerikanischen Kämpfer benachteiligt sahen, bildeten 1963 in Mexiko den WBC. 21 Jahre später entstand die IBF, nachdem es Amerikanern misslungen war, die Macht in der WBA zurückzuerobern. Der vierte Große im Bunde ist die 1988 gegründete WBO, die sich auch aus Abtrünnigen der WBA rekrutierte. Der Hintergrund ist wirtschaftlicher Natur. 17 Gewichtsklassen sind offiziell anerkannt, und weil es vier wichtige Verbände gibt, sind 68 WM-Gürtel zu vergeben.

Am Ziel der Träume

Jetzt haben die Klitschkos also alles, jetzt müssen sie sich nur noch ernsthafte Gegner suchen, damit das Geschäft auf dem Laufenden bleibt. "Unser Ziel waren alle Titel", tat Wladimir kund. "Ein Traum ist in Erfüllung gegangen", sagte Manager Bernd Bönte.

Im Schnitt 15,5 Millionen Zuschauer sorgten bei RTL für einen Einschaltrekord. Der bisherige Topwert in der Rangliste von insgesamt 17 Klitschko-Kämpfen seit 2006 stand bei 13,45 Millionen, aufgestellt von Witali im vergangenen Herbst gegen den US-Amerikaner Shannon Briggs. Dass diesmal zwei Millionen Zuschauer mehr vor die Bildschirme drängten, hatte der Kölner Privatsender vor allem der Großmauligkeit von Haye zu verdanken. Der hatte von "Ende des ukrainischen Roboters" gesprochen.

Nach dem Kampf reichte er Wladimir erstmals die Hand. Haye haderte, von einer gebrochenen Zehe gehandicapt gewesen zu sein. Und nach der zweiten Niederlage in seinem 27. Profikampf sagte er: "Wladimir hat einen perfekten Kampf gezeigt." Klitschko feierte den 56. Sieg im 59. Kampf, 49 gewann er mit K. o.: "Der 50. Knockout muss noch warten. Beim nächsten Mal ist es so weit." Dafür wird sich wohl wer finden lassen. Die Börse soll sowohl für Klitschko als auch für Haye an die zehn Millionen Euro betragen haben. Witali Klitschko verteidigt den WBC-Titel am 10. September jedenfalls gegen den Polen Tomasz Adamek. (bez, APA, DER STANDARD Printausgabe, 4. Juli 2011)