Krankenbild mit Hollywood-Absicherung: Mel Gibson und sein "Biber".

Foto: constantin filmverleih

Wien - Walter Black hat den Geschmack am Leben verloren. Er weiß nicht mehr, wie sich das anfühlt, wenn man morgens frühstückt, die Kinder sieht, der Frau einen Kuss gibt. Er spürt nichts, wenn er zur Arbeit fährt, sieht einfach zu, wie seine Spielzeugfirma langsam in Schwierigkeiten gerät. Walter Black hat mit all dem nichts zu tun. Er ist schwer depressiv, verloren in sich selbst, unauffindbar für alle, auch für die, die ihn gut kennen.

Seine Ehe ist mehr oder weniger am Ende, als er mit einem höchst seltsamen therapeutischen Eingriff für einen Umschwung sorgt: Walter trägt nun eine Puppe auf dem linken Arm, einen Stoffbiber, als dessen Bauchredner er plötzlich wieder ein Verhältnis zu sich selbst entwickeln kann. Von dieser exzentrischen Kur erzählt Jodie Foster in ihrer ersten Regiearbeit seit 1995, Der Biber / The Beaver, mit dem sie ins dunkle Zentrum der Depression vorzudringen versucht - ohne die Geschichte darin zu verlieren.

Das Ergebnis ist ein radikaler Film, der auf halbem Wege vor den eigenen Konsequenzen zurückscheut: Wie Mel Gibson diesen Walter Black als monumentales Faltengebirge spielt, das zählt - auch aufgrund der privaten Vorgeschichte des Stars - zu den großen Momenten Hollywoods. In Originalfassung ist das Idiom des Bibers auch die Sprache von Gibsons Herkunft - ein rauer australischer Dialekt, ganz so, als käme hier noch einmal der Kerl zum Vorschein, der Gibson irgendwann einmal war.

Und ein Verkaufsschlager für die Spielzeugfirma erwächst daraus ganz nebenbei auch noch. Die bestürzenden Konsequenzen der Krankheit erzählt Foster mit allen Absicherungen eines familienfreundlichen Films, in dem jeder aussichtslose Moment durch Tröstungen entschärft wird. Von den Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn man von Depression erzählen will, gibt Der Biber aber doch einen anschaulichen Eindruck, und der schockierende Moment, in dem Walter seine Beziehung zum Biber neu definiert, ist vielleicht allein schon den Besuch des Films wert. (Bert Rebhandl, DER STANDARD/Printausgabe 2./3. Juli 2011)