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Wähler im Jänner 2010 in Zagreb. Ob die beiden nur einen fiktiven Wohnsitz in Kroatien haben, ist nicht bekannt.

Foto: AP Photo/Filip Horvat

Zagreb - Die im April in Kroatien durchgeführte Volkszählung, deren erste Ergebnisse nun veröffentlicht wurden, brachte ein interessantes Detail zutage: In manchen Gemeinden gibt es mehr Wähler als Einwohner. Nun wurde bestätigt, was vor jeder Wahl für Unmut gesorgt hatte: Eine große Anzahl der Einwohner hat eigentlich einen fiktiven Wohnort in Kroatien. Laut aktueller Volkszählung hat Kroatien 4,29 Millionen Einwohner, knapp 147.000 weniger als noch vor zehn Jahren. Registrierte Wähler gibt es 4,09 Millionen. 900.000 Kroaten sind minderjährig

Der größte Unterschied wurde in der Gespanschaft Sibenik-Knin festgestellt, mit 109.000 Einwohnern und 123.000 Wählern. Der Landkreis grenzt an Bosnien-Herzegowina, wo der Großteil der kroatischen Diaspora zu Hause ist. Die Nicht-Regierungsorganisation GONG beklagt, dass die Regierenden nicht daran interessiert seien, das Problem der fiktiven Wohnsitze zu lösen. Laut dem Verwaltungsministerium sind 250.000 in Kroatien gemeldete Menschen eigentlich nicht dort zu Hause, doch die Änderung des Meldegesetzes sei nicht in der Verantwortung dieses Ministeriums, hieß es zu Medien.

Diaspora wählt HDZ

Bekannt ist, dass die Diaspora überwiegend die Partei HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) wählt, die in Kroatien mit einer Unterbrechung durchgehend an der Macht ist. Viele in Bosnien lebende Kroaten nützen auch ihre Privilegien in ihrer Zweit-Heimat, etwa die Auszahlung der Kinderbeihilfe. In Serbien lebende Kroaten, die nach dem Krieg nicht zurückgekehrt sind, kommen auch mit Bussen zum Wählen nach Kroatien. Nach Ansicht des oppositionellen Politikers Arsen Bauk (Sozialdemokraten) müssten diese Wähler im Verzeichnis der Diaspora verzeichnet sein.

Die Thematik der Wahlkreise gewinnt heuer wieder an Bedeutung, denn Ende des Jahres finden Parlamentswahlen statt. Doch bis dahin rechnen Experten noch mit keiner Lösung des doppelten Wohnsitzes.

Vor zehn Jahren zählte Kroatien noch 4,4 Millionen Einwohner. Die geschrumpfte Bevölkerungszahl erklärt das Statistikamt damit, dass eine neue Zählmethode angewendet wurde. Die Anzahl sei daher ungefähr gleichgeblieben, hieß es. Denn diesmal wurden Kroaten, die im Ausland arbeiteten oder studierten, nicht mitgezählt. Das Amt veröffentlichte derweil nur einen Teil der Daten, die Angaben zur ethnischen und religiösen Zugehörigkeit etwa müssen noch ausgewertet werden. (APA)