Salzburg/Wien - Sie sind zwischen 16 und 18 Jahre jung und engagiert. Sie - das sind die rund zwei Dutzend Schüler und Schülerinnen der HLFS Ursprung in Elixhausen bei Salzburg, die mit einem Forschungsprojekt drauf und dran sind, Geschichte zu schreiben. Es geht um das Enzym Amylase, das Stärke zu Zucker abbaut. 

"Die derzeit verwendete Industrieamylase hat ihr Optimum bei 82 bis 86 Grad Celsius. Wir haben zusammen mit dem Max-Planck- Institut München in dieses Enzym synthetische Bauteile eingebracht und festgestellt, dass unsere Amylase bei etwa 37 Grad fast doppelt so gut arbeitet wie das Original", sagte Konrad Steiner, Projektleiter und Lehrer an der HLFS Ursprung, dem STANDARD. 

Das Potenzial des von den Schülern als Amylase 2.0 bezeichneten synthetisch veränderten Enzyms sei groß. Das Bioethanolwerk in Pischelsdorf verarbeite pro Jahr 450.000 Tonnen Stärke. Wenn das statt bei 86 bei 37 Grad möglich wäre, helfe dies, viel Energie und CO2 zu sparen. Doch zunächst gehe es um das Bestehen eines quasi sportlichen Wettkampfs. 

Die HLFS Ursprung ist mit Amylase 2.0 als einziges österreichisches Projekt zur Teilnahme an der Inespo (International Environment & Scientific Project Olympiad) nach Holland eingeladen. Die Prämierung bei dieser internationalen Leistungsschau aus Umwelt und Wissenschaft erfolgt heute, Donnerstagabend, an der Universität Utrecht. Die Schüler jedenfalls fühlen sich auch mit dem bisher Erreichten als Sieger. 

Hilfe aus Deutschland 

Projektstart war im vergangenen Schuljahr. Im Rahmen eines Freifachs haben sich 24 der insgesamt 370 Schüler und Schülerinnen mit Amylase auseinandergesetzt. Dabei stießen sie auch auf eine japanisches Abhandlung aus dem Jahr 1967, wo ähnliche Versuche festgehalten waren. "Damals aber wurde nicht verstanden, was das bedeutet", sagte Steiner. 

Die Schüler an der HLFS seien von Ehrgeiz gepackt gewesen. Das habe Nediljko Budisa vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried (München), so imponiert, dass er zwei Dissertanten nach Elixhausen schickte. Steiner: "Die haben mit den Schülern das Labor aufgebaut." 

An der Schule wurden rund 30 Messungen durchgeführt - mit vielversprechenden Resultaten. Für statistisch signifikante Aussagen seien aber noch mehr Messungen notwendig, die nun an der TU Berlin gemacht werden. Auch da habe teilweise der Zufall eine Rolle gespielt. Die TU Berlin warb gerade in der Zeit der Erprobung von Amylase 2.0 an der HLFS Ursprung einen Mitarbeiter ab. 

Zudem wäre es in Österreich schwer gewesen, Partner für die wissenschaftliche Feinarbeit zu finden - wegen der gentechnik-feindlichen Stimmung im Land. "Die synthetische Biologie, die da zur Anwendung kommt, baut quasi auf der Gentechnik auf; da haben manche gesagt, das ist uns zu heiß, da lassen wir die Finger davon", sagte Steiner. Bis Amylase 2.0 in großem Stil zum Einsatz kommt, dürften noch einige Jahre vergehen. Weiteres Einsatzgebiet: die Zitronensäureproduktion. 

Obwohl direkt dem Lebensministerium unterstellt, sei die finanzielle Situation der Schule nicht rosig. "Ohne Geld von Sponsoren wie Akzo Nobel wären Projekte wie Amylase 2.0 undenkbar," sagte Steiner. "Das hat sich mit dem Sparpaket verschlimmert. Zu Weihnachten geht uns fast das Geld für Klopapier aus." (stro, DER STANDARD, Printausgabe, 30.6.2011)