Hamburg - Der Titelvereinigungskampf im Schwergewicht zwischen IBF- und WBO-Weltmeister Wladimir Klitschko aus der Ukraine und dem britischen WBA-Champion David Haye könnte eine neue Ära im Boxsport einläuten. Faustkampf-Fans erwarten sich vom WM-Duell am Samstagabend (23.00 Uhr/live RTL) nicht weniger als den spektakulärsten Schwergewichts-Fight seit vielen Jahren. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob Haye seinen Ankündigungen nun auch entsprechende Taten im Ring folgen lassen wird.

 

 

"Es wird eine Hinrichtung geben, wie es sie im Boxen noch nicht gegeben hat. Ich weiß, dass Wladimir nicht in der Lage sein wird, mein Feuer zu bändigen. Er wird zerbröckeln", lautete nur einer der vielen verbalen Tiefschläge des "Hayemaker" im Vorfeld des WM-Spektakels, zu dem 45.000 Fans im Hamburger Fußball-Stadion erwartet werden. "Dr. Steelhammer" Klitschko zeigte sich auch nicht mundfaul. "Ich schlage dich k.o. und hole dich in dein normales Leben zurück. Das wird gut für dich sein. Danach wirst du ein besserer Mensch sein und bessere Manieren haben", lautete eine seiner Kampfansagen an den 30-Jährigen Gegner.

Sicher scheint jedenfalls, dass Haye im Gegensatz zu den meisten der bisherigen Herausforderer von Klitschko sein Heil in der Attacke suchen wird. Der WBA-Champ will den 35-Jährigen mit seinen schnellen Fäusten und überfallartigen Angriffen vorzeitig auf die Bretter zwingen. Behält Klitschko aber die Übersicht und kühlen Kopf, dürfte er sich durchsetzen. Denn Routine, Reichweiten-Vorteile, der wuchtige Jab und vor allem die zielsichere Schlaghand sprechen für den Ukrainer.

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Beim obligatorischen "stare down", bei dem sich die Kontrahenten minutenlang tief in die Augen schauen, zeigte Klitschko seinem Gegner als Warnung die rechte Hand, auf der die Zahl 50 geschrieben stand. Ein vorzeitiger Sieg gegen Haye wäre bereits der 50. K.o-Triumph in der Karriere des Wahl-Hamburgers, der vor allem auf Rache aus ist. Er will den Briten für die Verbalinjurien, die Haye gegen ihn und seinen älteren Bruder Witali seit 2008 abgefeuert hat, büßen lassen. Es geht also nicht nur um Titel und Börsen im zweistelligen Millionenbereich, sondern vor allem um die Ehre.

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Nicht zuletzt deshalb elektrisiert der laut Klitschko-Trainer Emanuel Steward "beste Kampf seit Mike Tyson gegen Lennox Lewis" vor neun Jahren die Massen: Der übertragende TV-Sender RTL hofft auf eine Einschaltquote von deutlich mehr als zehn Millionen Zuschauern im deutschsprachigen Raum. Und die Fernsehbilder des Kölner Privatsenders vom rund 25 Millionen Euro schweren Mega-Fight (offizielle Einnahmen-Teilung 50:50) werden von TV-Stationen in über 150 Ländern live oder zeitversetzt übernommen.

Klitschko - Haye könnte allerdings für lange Zeit ein derartiges Highlight im Schwergewichtsboxen bleiben. Sollte IBF- und WBO-Champion Klitschko seinen 56. Sieg im 59. Profikampf feiern und Haye den WBA-Titel abnehmen, hätten er und sein älterer Bruder Witali (WBC-Champ) alle vier Gürtel der bedeutendsten Verbände in der Familie vereint und damit ihren großen Traum erfüllt. Diesen will Haye aber mit allen Mitteln verhindern.

Dazu gehört auch ein Ballyhoo, wie man es seit den Tagen des großen Muhammad Ali nicht mehr erlebt hat. Vor zwei Wochen etwa stellte der ehemalige Cruisergewichts-Champ sein neues Handyspiel "David Haye's Knockout" vor, bei dem man einem virtuellen Gegner den Kopf abschlagen muss. Der Londoner, der 25 seiner bisherigen 26 Profikämpfe (23 durch K.o.) gewonnen hat, verfügt aber nicht nur über ein respektloses Mundwerk, sondern auch entsprechende Durchschlagskraft im Ring. "Er sieht gut aus und ist schnell. Er ist eine gute Herausforderung für mich", weiß auch Klitschko über die Qualitäten seines Gegners Bescheid. Er bereitete sich deshalb akribisch wie selten zuvor auf einen Gegner vor. Vier Sparringspartner, die allesamt Haye in Statur und Stil ähnelten, hat der Ukrainer verschlissen.

Eigentlich hätte das mit Spannung erwartete Duell Klitschko - Haye bereits im Juni 2009 steigen sollen, doch damals ließ der Engländer den Kampf in der Schalker Arena wegen einer Verletzung platzen. Wenige Wochen später sagte er einen Kampftermin gegen Witali Klitschko ab, weil er mit den Vertragskonditionen nicht einverstanden war. Doch nun ist es endlich soweit - oder wie Haye es martialisch ausdrückt: "Am Samstag gibt es eine Exekution."(APA)