Wien - Die Reform im Pflegebereich wackelt. Sowohl der in den Ländern dringend benötigte Pflegefonds als auch die Reform beim Pflegegeld könnten von der Tagesordnung des Nationalrats kippen, sollten SPÖ und ÖVP die Opposition nicht doch noch für die nötige Zweidrittelmehrheit gewinnen können. FPÖ, Grüne und BZÖ signalisierten am Mittwoch Ablehnung. Sie wollen, dass das derzeitige Landespflegegeld nicht nur provisorisch in Bundeskompetenz übergeht.

Bundeskompetenz

Knackpunkt ist eine Verfassungsbestimmung im Pflegegeldreformgesetz, das dafür sorgen soll, dass der Bund ab 2012 die Kompetenz für die derzeitigen Landespflegegeldbezieher erhält. Ursprünglich sollte dies unbefristet gelten, auf Druck Vorarlbergs sieht die Regierungsvorlage nun aber einen Ablauf mit Ende 2014 vor. Eine Verlängerung gibt es nur mit Zustimmung aller neun Bundesländer, andernfalls muss die auf Druck des Rechnungshofs eingeführte Verwaltungsvereinfachung wieder rückgängig gemacht werden.

Starke Verhandlungsposition

ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger warb auf APA-Anfrage um Verständnis dafür, die starke Verhandlungsposition der Länder berücksichtigt zu haben. Es handle sich um eine Kompetenzverlagerung zum Bund, die Einigkeit aller Beteiligten brauche: "Das haben wir nicht alle Tage." Er beteuerte, dass niemand in den Ländern ernsthaft daran denke, die Regelung 2014 wieder rückgängig zu machen, "das wäre ja Nonsens". Vielmehr habe der dann ebenfalls fällige Finanzausgleich eine Rolle gespielt.

Wöginger will nun weiter mit der Opposition verhandeln. Er hofft vor allem auf die Grünen, die sich ja grundsätzlich für die Verschiebung zum Bund ausgesprochen hätten. Sollte dies nichts fruchten, wäre er auch bereit, mit den Landeshauptleuten nochmals über die Befristung zu verhandeln, so der ÖVP-Sozialsprecher. Letzte Option wäre dann, die gesamte Reform - also auch den Pflegefonds, der keine Zweidrittelmehrheit braucht - von der Tagesordnung des Nationalrats kommende Woche zu nehmen. "Dann kommt alles runter, denn das ist miteinander verhandelt worden."

Opposition bleibt ablehnend

Für die SPÖ ist eine solche Rückverweisung keine Option. Es handle sich um ein wichtiges Paket, daher müsse weiter verhandelt, hieß es im SPÖ-Klub.

Fragt man die Opposition, stehen die Aussichten dafür schlecht. "Ein Kompromiss kann nur ein schlechter Kompromiss sein", sagte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl zur APA. "Wenn wir das Wort Verwaltungsreform ernst nehmen, müssen wir Nägel mit Köpfen machen."

"Für uns ist das indiskutabel", erklärte auch der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger, ein Nachgeben sei ausgeschlossen. Es sei äußerst durchschaubar, dass es den Ländern hier nur um ein Druckmittel bei den Finanzausgleichsverhandlungen gehe. Das nun vorliegende Gesetz würde bedeuten, sämtliche alte Strukturen drei Jahre lang aufrechterhalten zu müssen.

Auch das BZÖ will nicht zuzustimmen. "Eine Reform beim Pflegegeld mit einem Vetorecht der Länder zu verbinden, ist keine Reform, sondern ein Kniefall vor den Landeshauptleuten", sagte Sozialsprecherin Ursula Haubner. Dass das gesamte Paket kippen könnte, wertete sie als Drohgebärde der ÖVP. "Damit erreicht man überhaupt nichts", so Haubner. (APA)