"Bitte nichts verändern": Die Aufschrift eines Ausstellungsplakats ergänzt perfekt Caecilia Browns Arbeit zu musealen Stadtbildern.

Foto: Noële Ody

Wien - Auf den mächtigen Steinquadern im Hof der Bildhauerateliers, an denen zuletzt vermutlich Wotruba-Schüler ihre Meißel ansetzten, liegen heute Farbdosen und Werkzeug, lehnen Latten. Mehr als Ablage sind die Brocken, an denen sich andere Generationen abmühten, heute nicht mehr. Eine Art fragmentarische Ruinenlandschaft, auf der Neues entsteht. Das Gerüst des Kiosks bekommt gerade einen neuen Anstrich. Das Studentenprojekt von 2009 verkaufte alltägliche Kleinigkeiten und Lose, die einem Glücklichen unverhofft Ausstellungsfläche bescherten. Zwischen alten Bäumen steht das Nachfolgeprojekt Save your date von Stefanie Alte, Liesl Raff und Noele Ody. Eine mobile Bühne, genutzt für Lectures und Performances.

Zusätzliche Räume und Nischen im Universitätsbetrieb zu formen, selbstinitiativ und -organisiert innerhalb eines Systems zu agieren, parasitäre Strukturen zu schaffen, ist institutionskritisch, auch wenn man das nicht so benennen möchte. Am Eingang der Ateliers präsentiert Stefanie Alte (Textuelle Bildhauerei) Teile ihres Diploms: Ein Arrangement verschiedener Projekte, etwa ihrer Performance (mit Eva Seiler) beim Donaufestival. Immer wieder sprangen sie durch aufgespannte Plakatbögen - ein spektakulärer Ankündigungsgestus, der sich jedoch in sich selbst erschöpfte und statt spektakulär bewusst "uncool und doof" sein sollte.

Selbst- und systemreflexiv und in diesem Sinn politisch erweisen sich beim Rundgang auch andere Abschlussarbeiten. Julian Feritsch (Textuelle Bildhauerei) bezieht sich in seiner Arbeit auf einen Essay Bazon Brocks. Er geht davon aus, dass neu Entstehendes bereits etwas Ruinöses in sich trägt. Ohne zu viel Respekt vor dem Erbe baut Feritsch auf den Ruinen der Moderne. Ihre Spuren sucht und findet er im Raum oder fügt sie in Form retuschierter, verfälschter oder fragmentierter Bilder hinzu. Das Ergebnis: zitatreiche Collagen und installative Assemblagen. Die sind bei Klassenkollege Axel Koschier gleich im Regal geblieben: ein bunter Ideenpool, der sich von Wand zu Wand, von Boden bis zur Decke stapelt.

Gefundenes integriert Caecilia Brown (Performative Bildhauerei) in ihre Installation aus bedruckten Gebäudenetzen. Die Fotos darauf reproduzieren die zu renovierenden Fassaden und ein bewahrendes Selbstverständnis der Stadt: Unflexibilität dehnt sie mittels Trampolin spielerisch aus. Die Bewegung des Betrachters im Raum hat hingegen Kollegin Julia Hohenwarter im Sinn: mit Skulpturen, die sie aus einer Szene des Films Blow Up entwickelt hat. Erzählerisch auch die Arbeiten von Nora Rekade und Namba Aki (beide Performative Bildhauerei). Rekade löst kollektive Erinnerungen zum Thema Berg aus; poetisch Akis Videostücke über Beeinflussung von Naturphänomenen.

Besonders überzeugend Christina Gillingers Audioperformance, die Handkes Publikumsbeschimpfung auf den Ausstellungsbetrieb ummünzt. "Ihr untalentierten Möchtegernkünstler", hallt es dort böse. Dem ist entschieden zu widersprechen. (Anne Katrin Feßler/DER STANDARD, Printausgabe, 29. 6. 2011)