Graz - "Beruf?" , fragt Richter Karl Buchgraber. "Fußballexperte" , schießt es aus Roman Mählich heraus. "Seit wann? Hihi" , ätzt ein Kiebitz in den Zuschauerrängen im Grazer Strafgerichtssaal - wo am Dienstag der "Kartnig-Prozess" mit der Zeugenbefragung altbekannter Sturm-Kicker, darunter dem ehemaligen Mittelfeldturbo Mählich, fortgesetzt wurde.

Hannes Kartnig, Ex-Präsident von Sturm, Hauptangeklagter und auch heute in einem dunkelblauen Yachtclub-Zweireiher und weißer Hose nie um einen modischen Fehlgriff verlegen, belehrt die Umsitzenden: "A fescher Bursch, der ist jetzt immer im ORF."

Um die fesche Sportmoderatoren-Rolle Mählichs geht es aber nicht, sondern um etwaige Schwarzzahlungen an die Kicker. Mählich war von 1995 bis 2003 bei Sturm unter Vertrag. Um monatlich rund 11.000 Euro und "ansehnliche Erfolgsprämien" , las der Richter vom Aktenblatt. Das Zusatzschmalz kam nicht aufs Gehaltskonto, sondern wurde von den Spielern meist bar von der kleinen Grazer Sturm-Raika abgehoben. Wovon Mählich nichts mehr weiß: "Ich kann mich beim besten Willen nicht mehr erinnern." Buchgraber hilft ihm mit Bankaufzeichnungen über erheblichen Abhebungen von 7000 bis 30.000 Euro nach. Aber sie will und will nicht kommen, die Erinnerung. Richter Buchgraber: "Habe Sie das Geld versteuert?" Mählich: "Sicher nicht, ich war ja Dienstnehmer." Und der Meinung, wie alle anderen, der Verein habe die Steuern bezahlt. Das zu klären ist nun - unter anderem - Gegenstand dieses Strafprozesses.

Dienstnehmer bei Sturm als Spieler war auch der jetzige Vorzeigetrainer des Fußballmeisters Sturm, Franco Foda, der direkt vom Trainingscamp in Waltersdorf in den Gerichtssaal beordert wurde. Foda ist gebürtiger Deutscher und deshalb wenig vertraut mit den Gepflogenheiten im südlich gelegenen Österreich. Brutto-netto-Verträge? Das habe es in Deutschland nicht gegeben, sagt Foda, der, bevor er im Zeugenstuhl Platz nimmt, jedem einzelnen mitangeklagten Ex-Sturmfunktionär, die wie aufgefädelt auf der Gerichtsbank sitzen, freundlich-korrekt die Hand schüttelt. Was Kartnig tief beeindruckt: "Das sind halt Trainer, gute. Ein guter Mann."

Auch Foda bestreitet, jemals Schwarzgeld bekommen zu haben - wie wenig später Tomica Kocijan, ebenfalls ein Schlüsselspieler des damaligen Superteams, das in Europa Furore gemacht hatte. Kocijan war Nutznießer des steuerschonenden Sturm-Pensionsmodells. 700.000 Euro so nebenbei. "Die haben schon was verdient, was?" , feixt Kartnig.

"War Ihr Vertrag netto oder brutto?" Der ratlose Blick löst bei Richter Buchgraber die Nachfrage aus: "Was ist Ihnen denn ausgezahlt worden?" Kocijan: "Alles".

Kartnig wird kurz nachdenklich. "Es geht ja leider nur ums Geld bei den Spielern." Nachsatz: "Na ja, ich hab auch ganz gern verdient dabei." Ob er eine Bestätigung brauche, wird Kocijan abschließend gefragt. Damit er die Kosten ersetzt bekomme. Was dieser etwas missversteht. Nein, er benötige keine Anwesenheitsbestätigung: "Sind eh genug Journalisten da." Kartnig: "Der war guat." (DER STANDARD PRINTAUSGABE 29.6. 2011)