Handstand-Figur.

Foto: WAGNER:WERK Museum/Christian Schindler

Wien - Sein Selbstverständnis war das eines Künstlers. Franz Hagenauer sah sich als Bildhauer. Dennoch: Der 1906 geborene, jüngste Spross des Designwerkstätten-Gründers Carl Hagenauer, wird bis heute als Handwerker und Kunstgewerbler betrachtet; seine Skulpturen - stilisierte Torsi und Köpfe mit Anklängen an die Moderne - werden bei Auktionen in der Sparte "Design" oder "Jugendstil" angeboten. Der bisher höchste Zuschlag erfolgte 1996 bei 33.000 Euro für eine aus Messing getriebene Turnerin (siehe Foto).

Obwohl die Arbeiten für einen "Kunsthandwerker" also recht ordentliche Preise erzielen, ist der Schüler Anton Hanaks jedoch als Bildhauer vollkommen unterbewertet geblieben, findet die Kuratorin der kleinen Hagenauer-Retrospektive, Standard-Kunstmarktexpertin Olga Kronsteiner. Anerkennende Worte für sein Talent fand einst Fritz Wotruba: Stelle man seine Arbeiten "neben das formlose, weiche Gekröse seiner österreichischen Zeitgenossen, ermisst man den Abstand, der gefühlsduselige Kneterei und geistige Vorstellung voneinander trennt" , schrieb er über den erfolgreich "aus dem Stilpanzer seines Handwerks" Ausgebrochenen.

Die Ausstellung über die 1898 gegründete Werkstätte für kunstgewerbliche Metallverarbeitung ist auch eine zur Erfolgsgeschichte eines Familienunternehmens: Zwang die Weltwirtschaftskrise 1929 andere Unternehmen wie die Wiener Werkstätte in die Knie, trotzte Hagenauer. Und expandierte dank des florierenden Exportgeschäfts sogar. Die vom Firmengründer und Sohn Karl, vereinzelt auch von Franz gefertigten Dekorations- und Gebrauchswaren - staubfangende Nippes für die einen, Preziosen für die anderen - waren Bestseller, die bis nach Übersee gingen.

Von Fruchtschalen über Kerzenleuchter bis zum Aschenbecher mit kurzbeinigem Wau-Wau am Deckel reichte das Repertoire. Mit dabei auch der kleine Nager aus Messing zum Ausdämpfen der Rauchwaren oder allerlei Fantasietierchen und -figürchen als Autokühleraufputz. Ein besonders drolliges Exemplar, mit Hörnern und einer hupenartigen Schnauze, ist in der Schau auch dabei. Als die Kühler jedoch unter die Motorhaube kamen, verschwanden auch die kleinen Wesen. Allerdings hätte den gefährlich-spitzen Genossen die Straßenverkehrsordnung sowieso irgendwann den Garaus gemacht.

Recht ungewöhnlich sind bei Hagenauer auch die Tiere, die springenden Kätzchen und Pferdchen, die sich ins ornamental-vegetabile Jugendstil-Vokabular mischen. Mit der Geschäftsübernahme durch die Söhne wird das Design ab 1928 zunehmend kühler und funktionaler. Einige von Franz Hagenauers kunstvoll gefertigten Köpfen und Büsten entstehen als Präsentationsmodelle für Juweliere und Friseure. Stilistisch sind die eigenständigen Plastiken nicht weit davon entfernt.

Was in der Schau unsichtbar bleibt, ist, wie detektivisch die kunsthistorische Arbeit sein musste: Da Modellbücher im Archiv ebenso fehlen wie Monogramme oder Jahreszahlen am Objekt selbst, sind Zuschreibungen schwer möglich. Einzig die verschiedenen Firmenpunzen, mit denen die Stücke geprägt wurden, geben vage Indizien. 8Anne Katrin Feßler, DER STANDARD - Printausgabe, 28. Juni 2011)